Influencer werden zum relevanten Wirtschaftsfaktor

Was als munterer Spaß auf den Kanälen der sozialen Netzwerke begann, ist mittlerweile zu einer der wichtigsten Marketingstrategien für Anbieter in den Bereichen Mode und Lifestyle geworden. Influencer, also junge Menschen, die mit ihren meist per Video verbreiteten Beiträgen über neue Trends Meinungsbildung bei ihren Anhängern betreiben, sind die neuen und heiß umworbenen Stars der globalen Netzkultur.

Was Werbung durch Influencer so glaubwürdig macht, ist die persönliche Kommunikationsebene, die zwischen der Bezugsperson und ihren Followern entsteht. Produkte werden nicht beworben, sondern empfohlen – ein fundamentaler Unterschied, wenn der oder die Ratgeber*in als Teil des sozialen Umfelds, wenn nicht als Freund*in gilt.

Influencer als Vorbild

Wenn die Zwillingsschwestern Lisa und Lena Mantler ihre Fangemeinde mit ihren beliebten Tanzvideos unterhalten, wandert neben dem eigentlichen Inhalt der Videos auch eine zweite, meist unterschwellige Botschaft auf die Handy-Displays ihrer über 15 Millionen Follower. Dabei geht es hauptsächlich um Fragen von Mode und Lifestyle – Gebiete, auf denen die Fans ihre Stars als Vorbilder sehen.

Für Lisa und Lena bedeutet das zahlreiche Sponsor- und Werbeverträge mit Mode- und Kosmetikfirmen. Für die Werbeträger sind Influencer wie die tanzenden Zwillinge der direkte Kanal zu ihrer Zielgruppe.

In welche Dimensionen sich das Geschäftsmodell Influencer weiterentwickeln kann, zeigt das jüngste Projekt der Zwillinge: In Kooperation mit dem Modelabel NAKD brachten die beiden rührigen Jungunternehmerinnen jüngst eine eigene Modelinie auf den Markt.

Video als Lebensentwurf

Der rasante Erfolg von Influencern geht auf die Vorbildfunktion zurück, die die Jung-Stars bei ihren Fangruppen einnehmen. Influencer stellen Menschen dar, die es in jeder Hinsicht geschafft haben. Sie sind gut aussehend, erfolgreich, beliebt und berühmt – alles, was bei den Anhängern als erstrebenswertes Ziel bei der eigenen Lebensgestaltung gilt. Laut einer Studie der AFG Videoforschung haben Influencer in ihrer Eigenschaft als Vorbild mittlerweile mit allen früheren Idolen gleichgezogen – vom Popsänger über den Filmstar bis hin zum Sportler.

Der Unterschied zu klassischen Medienstars liegt in der Umsetzbarkeit. Der innige Wunsch, so zu werden wie das Idol, setzt bei Musiker*innen, Filmschauspieler*innen oder Sportler*innen ein erhebliches Maß an Talent und harter Arbeit voraus. Influencer kann dagegen werden, wer ein Smartphone besitzt.

Natürlich ist auch der Weg zum Internet-Star nur wenigen beschieden. Allerdings ist keine langwierige Ausbildung oder über Jahre andauerndes Training erforderlich, um es zumindest zu versuchen. Diese Unmittelbarkeit bei der Umsetzung lässt das Bild des Influencers oder der Influencerin für viele so faszinierend erscheinen.

Positive Auswirkungen auf die Persönlichkeitsbildung

Medienwissenschaftler bewerten die Auswirkungen von Influencern auf ihre Fans durchaus positiv. Das spielerische Imitieren von Menschen, die als Vorbild gelten, führt nicht, wie anfangs befürchtet, zu einer Verarmung bei der eigenen Urteilsfähigkeit. Vielmehr bedeutet die zeitweise Identifikation mit dem bewunderten Idol einen Impuls, sich auch mit abweichenden Lebenskonzepten zu beschäftigen. Das fördert die eigene Persönlichkeitsentwicklung hin zum selbstbestimmten Menschen.

Das Nachempfinden der Lebenswelt von Influencern ist bei jungen Menschen vor allem ein konstruktiver und kreativer Prozess, der zur Identitätsbildung beiträgt. Das hängt auch mit der Kontakthäufigkeit zusammen: 70 Prozent aller Jugendlichen zwischen 17 und 26 Jahren in Deutschland kommen bei ihrer Internetnutzung täglich mit Influencern in Berührung.