Im zweiten Anlauf erfolgreich: Deutsche Wohnen und Vonovia fusionieren

Nach einem ersten vergeblichen Übernahmeversuch im Jahr 2015 hat es nun doch geklappt: Vonovia und Deutsche Wohnen fusionieren und werden damit zum größten Wohnungsbaukonzern der deutschen Geschichte. Dominierte 2015 noch die erbitterte Gegenwehr der Deutsche Wohnen-Führung gegen den Übernahmeversuch von Vonovia, scheint die aktuelle Fusion auf dem gemeinsamen Willen beider Unternehmen zu beruhen.

Die Fusion erfolgt im Rahmen eines Übernahmeangebots von Vonovia an alle Aktionäre von Deutsche Wohnen. Der Angebotspreis liegt bei 52 Euro pro Aktie, was den Wert des Gesamtkonzerns nach erfolgreichem Abschluss auf rund 18 Milliarden Euro bringt. Zur Finanzierung der Übernahme plant Vonovia eine Kapitalerhöhung.

Noch allerdings ist der Zusammenschluss nicht in trockenen Tüchern – zwei Hürden stehen der Fusion noch im Weg: Zum einen bedarf die angestrebte Vereinigung noch der Zustimmung der Investoren, die im Sommer erfolgen soll. Sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat wollen den Aktionären den Zusammenschluss empfehlen.

Die zweite Hürde ist die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden zu der geplanten Fusion. Hier scheinen sich allerdings keine nennenswerten Widerstände aufzubauen. Zwar wird aus den beiden Unternehmen der größte Wohnungsbaukonzern Europas, doch ist der Marktanteil angesichts des riesigen Gesamtmarkts, zu dem auch Genossenschaften und private Vermieter gehören, vergleichsweise gering.

Zusammenschluss auch als politisches Signal

Die hohe Marktmacht der beiden Wohnungsbau-Spezialisten ist bereits seit Jahren Anlass zu Kritik und ständig wachsendem politischen Druck. Mit dem fusionierten Unternehmen entsteht Europas größter Wohnungsanbieter mit rund 500.000 Mietern. Folgerichtig versuchen beide Fusionspartner, ihren Kritikern durch intensive Kommunikationsanstrengungen den Wind aus den Segeln zu nehmen.

So sollen insbesondere Zugeständnisse an die Mieter zur Entspannung auf dem Wohnungsmarkt beitragen. An der Spitze steht das Versprechen, nach erfolgreicher Fusion die Mieten in Berlin bis 2024 um höchstens ein Prozent jährlich zu erhöhen. Keine Aussage treffen die beiden Unternehmen über die Mietpreispolitik in anderen Städten. Nach 2024 sollen die Mieten dann maximal um zwei Euro pro Quadratmeter steigen – gerade bei Wohnungen im unteren Preisbereich eine teilweise erhebliche Steigerungsrate.

Die Zusagen treffen auf ein ständig rauer werdendes politisches Klima, besonders in Berlin. Zwar ging der erste Versuch der Stadtführung, die Miethöhe gesetzlich zu beschränken, in Rauch auf. Doch der politische Druck bleibt, bis hin zu Überlegungen zur Zwangskommunalisierung privaten Wohnraums, angestrebt über einen Volksentscheid des Bündnisses „Deutsche Wohnen & Co. Enteignen“.

Dem will der fusionierte Konzern durch das Versprechen zuvorkommen, den Wohnungsbau zu forcieren und eine namhafte Anzahl an Wohnungen für den Erwerb durch die Kommune zur Verfügung zu stellen. Das käme der Berliner Stadtverwaltung durchaus entgegen, die einen früheren Fehler – die massenhafte Privatisierung kommunalen Wohnraums – durch Rückkäufe wieder wettmachen möchte.

Weitgehende Versprechungen der Fusionspartner

Um das Klima für die anstehende Fusion zu verbessern, sparen Vonovia und Deutsche Wohnen nicht mit verlockenden Versprechen. So soll es bei Neubauprojekten und Sanierungen vor allem um bezahlbaren Wohnraum gehen, abseits der Gentrifizierung durch Luxusobjekte.

Auch altersgerechtes und barrierefreies Bauen ist ein Thema, ebenso wie Maßnahmen für klimaneutrales Wohnen in kompletten Siedlungen. Der wirtschaftliche Aufwand für derartige Maßnahmen ließe sich durch einen fusionierten Gesamtkonzern besser schultern, so Vonovia-Chef Rolf Buch. Und Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn legt nach: „Beide Unternehmen haben die gleichen Herausforderungen“.

Tatsächliches Ziel: Ertragssteigerung

Worum es den beiden Wohnungsanbietern wirklich geht, erschließt sich aus der näheren Betrachtung der Unternehmensziele, wie die beiden Firmen sie artikulieren. So soll der Jahresgewinn durch Synergieeffekte um rund 105 Millionen Euro höher ausfallen als das bei einer Konkurrenzsituation der beiden Bauunternehmen der Fall wäre. Ein Weg zu diesem Ziel wäre beispielsweise die gemeinsame Organisation von Handwerkern. Kritiker nennen dieses Vorgehen allerdings Aufbau einer überwältigenden Nachfragemacht, um die Preise diktieren zu können.

Beide Unternehmen gemeinsam verfügen über rund 15.000 Mitarbeiter. Zu betriebsbedingten Kündigungen soll es durch die Fusion nicht kommen – zumindest bis Ende 2023. Die Unternehmensführung soll in Berlin und Bochum stationiert sein. Vorstandsvorsitzender soll Vonovia-Chef Rolf Buch werden, unterstützt durch Michael Zahn als Stellvertreter.