Glyphosat beschert Bayer Milliardenverlust

Mit 10,5 Milliarden Euro fährt der Chemiekonzern Bayer 2020 den höchsten Jahresverlust seiner Firmengeschichte ein. Als unmittelbare Folge gibt Bayer eine deutliche Dividendensenkung bekannt. Hauptursache für den Rekordverlust sind die Rückstellungen für Entschädigungszahlungen im Zusammenhang mit dem Unkrautvernichter Glyphosat.

Auch das Geschäft mit Agrarprodukten hat zu Abschreibungen in Milliardenhöhe geführt und lastet schwer auf der Bilanz. Gemeinsam haben die Negativfaktoren zu einem rasanten Absturz geführt: Noch 2019 konnte der Pharma- und Chemiekonzern einen Gewinn von 4,1 Milliarden Euro verzeichnen.

Prognose für 2021: im Wesentlichen unverändert

Bayer-Chef Werner Baumann vermittelt für das anstehende Geschäftsjahr nur gebremsten Optimismus. Das Unternehmen prognostiziert einen Umsatz von maximal 43 Milliarden Euro bei einem bereinigten Betriebsgewinn von etwas über 11 Milliarden Euro. Auch 2021 spielen Wechselkurseffekte beim Betriebsergebnis eine deutliche Rolle.

Die Dividendensenkung fällt ebenfalls deutlich aus. Nach 2,80 Euro pro Anteilsschein vom Vorjahr erhalten die Bayer-Aktionäre in diesem Jahr lediglich 2 Euro. Dennoch kann sich die Dividendenrendite sehen lassen: Sie beträgt auch nach der Senkung immer noch stattliche 3,6 Prozent.

Massive Folgen der Glyphosat-Krise

Zwar ist die Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Unkrautvernichter Glyphosat durch die Einigung mit den Teilnehmern der Sammelklage vom Juni 2020 im Wesentlichen vom Tisch. Geblieben sind allerdings die enormen wirtschaftlichen Belastungen, die aus den finanziellen Verpflichtungen gegenüber Zehntausenden von Anspruchsberechtigten erwachsen.

Neben den vereinbarten 10,9 Milliarden Dollar an Entschädigungszahlungen stehen weitere Forderungen ins Haus, hauptsächlich wegen der skeptischen Haltung des kalifornischen Gerichts, das die Einigung verhandelt. Richter Vince Chhabria zweifelt die Fairness des Deals an, was zu einer weiteren Vereinbarung führte, verbunden mit der Verpflichtung für Bayer, rund 1,7 Milliarden Euro zusätzlich für künftige Ansprüche und einen zu gründenden wissenschaftlichen Beraterstab bereit zu halten.

Laut Firmenangaben hat Bayer mittlerweile für etwa 90.000 Klagen Vergleiche erzielt oder die Ansprüche wegen Nichterfüllung der Kriterien erfolgreich abgewiesen. Die Gespräche mit den Rechtsvertretern der übrigen Kläger dauern an, so Sprecher des Unternehmens, bis alle Fälle auf die eine oder andere Art abgeschlossen sind.

„Die Zeichen auf Wachstum stellen“

Ungeachtet der Negativeffekte durch Glyphosat und die Corona-Krise setzt Bayer für die nahe Zukunft auf positive Faktoren. „Wir haben das vergangene Jahr auch genutzt, um die Weichen für künftiges Wachstum zu stellen“, betont Bayer-CEO Werner Baumann. Alleine im Pharmabereich zog das Unternehmen laut eigenen Angaben über 25 Kooperationen und Firmenaufkäufe durch, darunter eine substanzielle Partnerschaft mit Curevac, einem der wichtigen Produzenten für Corona-Impfstoff.

Die Curevac-Kooperation beinhaltet zunächst die Unterstützung des COVID-Gegenmittelherstellers bei den klinischen Studien und der Zulassung des Impfstoffs. Gleichzeitig nutzt Bayer seine Produktionskapazitäten, um schnellstmöglich nennenswerte Mengen des Curevac-Präparats auf den Markt zu bringen. Das Leverkusener Unternehmen nutzt dazu sowohl seine Produktionsanlagen in Wuppertal als auch zahlreiche Anlagen innerhalb seines globalen Produktionsnetzwerks.

Talfahrt der Bayer-Aktie

Der massive Verlust brachte die Bayer-Aktien auf steile Abwärtsfahrt. Alleine am Donnerstagvormittag sackte der Wert um etwa vier Prozent auf 52,95 Euro ab und sicherte der Aktie den letzten Platz im DAX. Analysten bemängeln vor allem den unerwartet schwachen Ausblick und das unbefriedigende Ergebnis im Agrarsektor für das letzte Quartal 2020.

Belastend wirken sich auch die schwachen Währungen im lateinamerikanischen Raum aus. Durch die Euro-Stärke brach der Umsatz um fast fünf Prozent auf 41,4 Milliarden ein – ein Verlust, der ausschließlich auf Währungseinflüsse zurückgeht. Bereinigt hätte sich ein kleiner Gewinn ergeben. Beim operativen Gewinn blieb die Lage im Wesentlichen unverändert: Er betrug 2020 rund 11,5 Milliarden Euro.