GameStop-Aktie überrascht die Märkte zum zweiten Mal

Der Run auf das Papier des Computerspiel-Filialisten schien bereits beendet – da kam es zu einem zweiten Bullenrennen: Zwischen Dienstag und Donnerstag letzter Woche schoss die GameStop-Aktie von 44,97 Dollar auf zeitweise 194,68 Dollar hoch und fuhr im Ergebnis ein Plus von etwa 142 Prozent ein. Anleger und Analysten zeigten sich gleichermaßen überrascht.

Das GameStop-Abenteuer schien bereits endgültig beendet. Vom Rekordstand bei 483 Dollar am 29. Januar war nicht mehr viel übrig geblieben. Doch die Aktie bewies, dass ihr Potential noch nicht ausgeschöpft ist – ohne dass unternehmensbezogene Berichte eine weitere Kursrallye rechtfertigen würden.

GameStop widersetzt sich erneut üblichen Bewertungskriterien

Die einzige Nachricht aus dem Haus des Spielehändlers, die entfernt börsenrelevant ist, war der für den 26. März angekündigte Rücktritt von CFO Jim Bell. Allerdings kann das alleine nach Ansicht vieler Analysten nicht der Grund für einen derart drastischen Kurssprung sein.

Der GameStop-Finanzchef geht nicht aus freien Stücken. Wie in der letzten Woche bekannt wurde, geht der Rausschmiss auf den Druck mächtiger Anteilseigner zurück, die mit der Unternehmensstrategie nicht einverstanden sind.

An der Spitze der Bewegung steht das im Januar frisch dazugestoßene Verwaltungsratmitglied Ryan Cohen. Der Investor gilt bei Anteilseignern und Anlegern als weißer Ritter, der in der Lage ist, das angeschlagene Unternehmen wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Seine Meriten verdiente sich Cohen allerdings bei der Sanierung von Chewy, einem Unternehmen für Tierbedarf. Ob sich die dort gesammelten Erfahrungen auch im Gaming-Bereich nutzen lassen, bleibt abzuwarten.

Ein Marktorakel namens Thinknum

Alles schon vorher gewusst – das ist das Narrativ des Datenanalyse-Spezialisten Thinknum. Das Unternehmen betont seinen innovativen Ansatz bei der Analyse von Marktdaten durch die Betrachtung alternativer Datensets, wie das Verfahren von dem Analysten genannt wird. Auf diese Weise will Thinknum strategische Bewegungen erkennen, und das auch da, wo andere Analysten keine Anzeichen entdecken.

Im Verlauf des ersten GameStop-Runs präsentierte Thinknum als neue Funktion das Echtzeit-Monitoring der Tickersymbole von NYSE und NASDAQ. Dabei hält der Analyst fest, wie oft die Symbole in den hundert Topmeldungen bei r/Stocks und r/WallStreetBets erwähnt werden.

Durch die intensive Beobachtung der Reddit-Foren, die für die erste Kurslawine verantwortlich waren und den Shortsqueeze der beteiligten Hedgefonds auslösten, erhofft sich Thinknum Erkenntnisse darüber, ob und wann es zu erneuten, durch Anleger-Communities ausgelöste Kursexplosionen kommt.

Alternative Datensets erkannten zweite Kursrallye

Bereits einige Tage, bevor es zum zweiten Gipfelsturm der GameStop-Aktie kam, entdeckte Thinknum den sprunghaften Anstieg von Erwähnungen des Spielehändlers in den Reddit-Foren. „Besonders in den letzten 24 Stunden konnten wir eine massive Ansammlung von Erwähnungen beobachten“, sagt Justin Zhen, Mitbegründer der Datenanalysefirma. „Doch eigentlich hat das erneute Interesse schon vier Tage zuvor begonnen.“

Die Prognosetechnik von Thinknum ähnelt der eines Orakels im klassischen Altertum. Eine konkrete Vorhersage der Kursentwicklung ist von dem Unternehmen nicht zu erhalten. Der Analyst erwähnt nur die gehäufte Erwähnungsdichte des beobachteten Unternehmens. Die Rückschlüsse überlässt Thinknum dann den Lesern.

„Wir berichten darüber, wie viel Gesprächsstoff die Investments unserer Kunden liefern“, erklärt Justin Zhen. „Mit unserem Service schaffen wir Klarheit darüber, welches Interesse der beobachtete Wert bei Reddit erfährt – eine Interpretation oder Analyse der erfassten Daten findet nicht statt.“

Wie jedes Orakel, versteigt sich auch Thinknum nicht in konkrete Vorhersagen. Ob eine Aktie steigt oder fällt, gehört nicht zum Prognose-Repertoire des Analysten. „Wir sagen nur, ob über eine Aktie an einem bestimmten Tag viel geredet wird – für Anleger eine fundamentale Information, die sie beachten sollten.“