Eventim: Nur mit dem Impfpass zum Konzert?
Eine Meinungsäußerung von Ticketverkäufer CTS Eventim sorgt derzeit für hitzige Debatten. Das Unternehmen vertritt die Ansicht, dass Konzertveranstalter den Einlass von der Vorlage eines Impfpasses abhängig machen dürfen. Wie das mit der freien Entscheidung pro oder contra Impfung in Übereinstimmung zu bringen ist, war von dem Tickethaus nicht zu erfahren.
Eventim gründet seine Aussage auf die Erkenntnisse bisheriger Impfungen. Demnach sind weltweit nur verschwindend geringe Nebenwirkungen zu beobachten, was nach Ansicht des Tickethändlers Grund genug ist, den Impfpass zur Voraussetzung für den Einlass zur Veranstaltung zu machen.
Eventim hat die eigenen Einlasssysteme so konfiguriert, dass sie auch Impfpässe lesen können. Die Maßnahme hat für den Marktführer im Bereich Ticketvertrieb einen zusätzlichen Aspekt: Das Unternehmen möchte sich bei der Koordination von Impfterminen etablieren, wohl auch zur Überbrückung der im Konzertbereich herrschenden Flaute.
Ein erstes erfolgreiches Projekt ist bereits in Schleswig-Holstein angelaufen. Wie der NDR berichtet, soll das System innerhalb von wenigen Minuten für die Vermittlung Tausender Impftermine gesorgt haben – eine deutliche Verbesserung gegenüber dem bisherigen fehleranfälligen Verfahren. Gespräche mit anderen Bundesländern zur Einführung der Impfvermittlung sind nach Angaben des Unternehmens bereits angelaufen.
Selektiver Einlass grundsätzlich rechtens?
„Es macht einen großen Unterschied, ob der Staat Grundrechte einschränken muss oder ob Private Angebote für bestimmte Personengruppen machen möchten“, erklärt Bundesjustizministerin Christina Lambrecht. Demnach haben Privatunternehmer das Recht, selbst zu bestimmen, mit wem sie Geschäfte machen wollen, getreu des Rechtsgrundsatzes der Privatautonomie.
Abzuwarten bleibt, inwieweit die Autonomie von Unternehmern bei der Kundenwahl grundgesetzliche Aspekte berührt. So dürften Gastronomen oder Veranstalter durchaus in Schwierigkeiten geraten, wenn sie Menschen mit anderer Hautfarbe oder bestimmter sexueller Orientierung den Zutritt verwehren. Ob die Selektion nach Impfverhalten ebenfalls in diese Kategorie gehört, könnte in naher Zukunft Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen werden.
Veranstalter sehen die Impfkontrolle kritisch
Viele Veranstalter halten wenig von einer Kontrolle des Impfpasses beim Einlass. Dabei handele es sich um eine Impfpflicht auf Umwegen und einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. Auch Kinobetreiber sehen wenig Chancen für den Vorstoß von Eventim. Für Christian Bräuer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Kino, ist das Vorhaben derzeit nicht vorstellbar, nicht zuletzt, weil noch so wenige Menschen überhaupt eine Impfung erhalten haben.
Eventim betont, seinen Vorstoß habe lediglich Vorschlagscharakter als Anregung für Veranstalter, die diesen Weg beschreiten wollen. Doch aus dem Vorschlag könnte bald harte Realität werden. CTS Eventim ist über Tochterfirmen auch selbst als Konzertveranstalter tätig, beispielsweise für das bundesweit bekannte Festival „Rock am Ring“.
Aus diesem Blickwinkel erscheint der Vorstoß von Eventim nachvollziehbar. Je schneller sich die Herdenimmunität durch eine auf breiter Basis angelegte Impfkampagne herstellen lässt, desto schneller enden geschäftsschädigende Einflüsse wie Lockdown und Quarantäne. Und desto eher kann Eventim zum Normalgeschäft zurückkehren.