EU-Taxonomie-Verordnung: Pfadfinder durch den Greenwashing-Dschungel
Nachhaltige Investments sind ein Gebot der Stunde – seriöse Vertreter der Sparte ausfindig zu machen, ist allerdings schwieriger als es zunächst den Anschein hat. Nicht überall, wo grün draufsteht, ist auch grün drin, zumindest in ausreichend nachhaltiger Ausprägung. Klarheit auf dem unübersichtlichen Markt der nachhaltigen Investmentmöglichkeiten soll nun die EU-Taxonomie-Verordnung schaffen.
Allerdings steht die Verordnung selbst unter Dauerbeschuss – von einigen Mitgliedsländern und einer Heerschar Lobbyisten gleichermaßen. Die Bemühungen, Bestimmungen der Verordnung aufzuweichen und zu verwässern, nehmen der sinnvollen Initiative viel von ihrer Schlagkraft.
Der Run auf Nachhaltigkeit hält an
Anleger stehen bei der Evaluation der riesigen Menge an angeblich nachhaltigen Investments vor einer nahezu unlösbaren Aufgabe. Nach Erhebungen von Analysten erfüllt durchschnittlich nur eine von zehn Investitionen alle Anforderungen, die an eine grüne Anlage gestellt werden dürfen.
Der verbreitete Missbrauch darf nicht verwundern: Nachhaltigkeit ist kein markenrechtlich geschützter Begriff. Jeder Anbieter kann ihn auf die Weise einsetzen, die ihm geeignet erscheint. Objektive Bewertungs- und Qualitätskriterien bleiben dabei allerdings auf der Strecke. Was bisher gefehlt hat, ist ein standardisiertes System zur Klassifizierung nachhaltiger Anlagemöglichkeiten – und genau hier setzt die EU-Taxonomie-Verordnung an.
Regulierung bei grünen Investments sorgt für Sicherheit
Der regulatorische Eingriff der EU in die nachhaltige Investmentszene wird voraussichtlich zu grundlegenden Veränderungen führen – und das im positiven Sinn. Die regelnde Hand im Bereich grüner Investments kommt keinen Tag zu früh: Es gilt, die Klimaschutzziele der EU einzuhalten. Ohne einen gut funktionierenden Anlagemarkt für seriöse grüne Anlagen wird sich dieses Ziel kaum erreichen lassen.
Insbesondere die Kriterien für das Screening und die Klassifizierung werden vor allem die Anlagen fördern und am Markt unterstützen, die effektive Auswirkungen auf eine zügige Reduktion klimaschädlicher Gase und anderer negativer Umwelteinflüsse zum Gegenstand haben. Die EU-Taxonomie-Verordnung hilft Investoren dabei, genau diese Anlagen zuverlässig ausfindig zu machen.
Die Verordnung unterstützt auch die Emittenten
Neben ihrer Rolle als Orientierungshilfe für Investoren leistet die EU-Taxonomie-Verordnung auch wertvolle Hilfe bei der Entwicklung von Investments. Dazu enthält die Verordnung umfangreiche technische Erläuterungen, die es Entwicklern nachhaltiger Anlagen leicht machen, ihr Produkt durch und durch ökologisch zu gestalten – wenn sie das wirklich wollen.
Der Definitionsspielraum wird durch die neue Verordnung deutlich enger. Was grün ist, lässt sich damit eindeutig festlegen. Raum für das Greenwashing umweltschädlicher Investments besteht so gut wie nicht mehr.
Ein wesentlicher Vorteil der EU-Taxonomie-Verordnung ist die Aufgliederung nach einzelnen Sparten und Branchen. So lassen sich für spezielle Papiere eindeutige Kriterien bestimmten, um für die Nachhaltigkeit der Anlage zu einer eindeutigen Bewertung zu kommen. Ob Holz, Zement oder Energie – die EU-Verordnung erlaubt die objektiv unstrittige Einstufung, ob die jeweilige Investition nachhaltig ist – oder eben nicht.
Weitere Verzögerungen bei der Umsetzung
Die eigentlich im Juli 2020 beschlossene Verordnung steht weiterhin im Kreuzfeuer sich widersprechender Interessen. Vor allem die Lobbyisten haben durchgesetzt, dass sich die endgültige Umsetzung bis zum Sommer 2022 verzögert. Angesichts der bereits offenbar werdenden klimatischen Veränderungen – auch in Mitteleuropa – ist das für die Welt eine schlechte Nachricht.
Erste Erfolge lassen sich allerdings bereits beobachten. So hat die EU nun endgültig festgelegt, dass fossile Brennstoffe nicht als nachhaltig einzustufen sind. Doch der Einfluss der Lobbyisten ist auch in diesem Punkt spürbar. Derzeit laufen Gespräche darüber, ob diese Einstufung für Erdgas wieder aufgehoben werden soll.
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