Elektromobilität profitiert von Corona
Laut der jährlichen Käuferstudie der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) ist im Corona-Jahr 2020 die bedingte Bereitschaft, beim Fahrzeugkauf ein Elektroauto in Betracht zu ziehen, spürbar gestiegen. In die Tat umgesetzt haben dieses Vorhaben allerdings nur neun Prozent der Neuwagenkäufer. Eine Trendwende sieht anders aus.
Die augenscheinlichen Vorteile eines Elektroantriebs relativieren sich bei der näheren Betrachtung aller Aspekte, die mit dem Betrieb eines Elektroautos in Zusammenhang stehen. Insbesondere Menschen, die ihr Auto aus beruflichen Gründen nutzen, stellen sich bei E-Autos heutiger Bauart einige Hindernisse in den Weg.
Der Stellplatz entscheidet
Das Betanken eines Elektroautos ist die eigentliche Achillesferse der gar nicht so neuen Antriebstechnologie. Neben der Lade-Infrastruktur spielt auch die Ladezeit eine wesentliche Rolle und nimmt spürbaren Einfluss auf die Tagesplanung des Nutzers.
Der Idealzustand ist die Möglichkeit, das Elektroauto zu Hause über Nacht zu laden. Diese Voraussetzungen stehen allerdings in der Mehrzahl der Fälle nicht zur Verfügung. Eigenheimbesitzer und Bewohner von Wohnanlagen, bei denen die Tiefgarage an jedem Abstellplatz eine Ladebox aufweist, machen das tägliche Nachladen möglich. Die Mehrzahl der Nutzer muss auf öffentliche Ladestationen zurückgreifen – und hier liegt noch einiges im Argen.
Doch selbst mit der Lademöglichkeit am Wohnsitz stellt sich insbesondere für Menschen mit hohem Mobilitätsbedarf die Frage des Betankens unterwegs. Noch kommt kein Elektroauto mit einer Ladung von München nach Hamburg und wieder zurück. Beim Laden auf der Straße ist der E-Autofahrer auf die örtliche Lade-Infrastruktur angewiesen, ganz abgesehen vom zusätzlichen Zeitaufwand, den gerade sehr mobile Menschen oft in einen mit Terminen vollgepackten Arbeitstag integrieren müssen.
Elektromobilität – auch eine Preisfrage
Den Kauf eines E-Autos belohnt der Staat mit einer Innovationsprämie von 9.570 Euro bei einem Basispreis bis zu 40.000 Euro. Das macht ein Elektroauto nicht unbedingt wesentlich billiger, denn der Kaufpreis ist in der Regel spürbar höher als der eines Verbrennermodells der gleichen Modellklasse.
Das schlägt insbesondere zu Buche, wenn auch die Leistungsdaten und die Betriebskosten in die Rechnung einfließen. Zwar sind E-Autos von der Kfz-Steuer befreit. Dagegen stehen allerdings die Strompreise, die nicht nur regional stark schwanken, sondern auch noch die Handelsspanne der Ladestellenbetreiber beinhalten. Einen wirklichen Kostenvorteil durch das Fahren mit Strom hat nur, wer die benötigte Energie selbst produziert, beispielsweise mit der eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Das Nutzerprofil gibt den Ton an
Wer sein Auto ausschließlich zum Pendeln in die Arbeit oder zu den öffentlichen Verkehrsmitteln braucht, wird auch mit einem kleineren Elektroauto mit einer Reichweite bis 300 Kilometer pro Ladung gut zurechtkommen. Schwierig wird es bei einem höheren Kilometerbedarf.
Neben dem schon erwähnten erhöhten Zeitbedarf für das Laden spielt auch der Kaufpreis eine Rolle. Der nämlich steigt bei wachsender Akkuleistung überproportional an. In der mittleren und oberen Modellklasse kann die Differenz zu einem gleichwertigen Benziner mit vergleichbaren Leistungsdaten und ähnlicher Zuladung durchaus fünfstellig ausfallen.
Eines trifft für die Vertreter aller Elektro-Modellklassen heutiger Bauart gleichermaßen zu: Der spontane Kurztrip an den Gardasee oder nach Prag gehört nicht zum Produktversprechen eines Elektroautos. Die vollständige Evolution des Automobils hin zur Elektromobilität erfordert neuartige Technologien wie Graphen-Akku oder Wasserstoffantrieb.