Ebay ist für Privatverkäufer ab sofort gratis

Mit einer bemerkenswerten Sonderaktion für den deutschen Markt überrascht Online-Auktion-Pionier Ebay seine Kunden. Ab Mittwoch fallen für private Verkäufer auf der Plattform alle Gebühren. Das gilt sowohl für die Einstellungsgebühr als auch für die Verkaufsprovision. Damit will der Onlinehändler offenbar das rückläufige Geschäft auf seinem drittwichtigsten Markt neu befeuern.

Durch den Wegfall aller Gebühren für private Kunden falle eine der hartnäckigsten Hürden weg, die Verbraucher bisher davon abgehalten haben, Verkäufe über die älteste Auktions- und Verkaufsplattform der Welt abzuwickeln, erläutert Oliver Klinck, Geschäftsführer von Ebay Deutschland. Dass die Maßnahme auf unbestimmte Zeit gilt, lässt auf einen tiefgreifenden Strukturwandel im Deutschlandgeschäft der Handelsplattform schließen.

Strategie: Privatverkäufer zu Käufern machen

Durch den Wegfall aller Gebühren erhofft sich Ebay hohe Steigerungsraten bei den privaten Verkäufen. Obwohl damit keine direkten Einnahmen mehr verbunden sind, geht der Onlinehändler als Folge dieses Schritts von einer Belebung des Gesamtgeschäfts in der Bundesrepublik aus. „Wir sehen, dass die privaten Verkäufer auch als Käufer viel aktiver sind. Diejenigen, die über Ebay verkaufen, shoppen doppelt so viel wie die Käufer, die nur einkaufen“, sagt Oliver Klinck.

Nicht ganz nachvollziehbar ist die Argumentation in Bezug auf die gesamtwirtschaftliche Situation. Man lebe in einer Zeit, in der vielen Familien das Geld im Portemonnaie fehlt, so der Ebay-Geschäftsführer. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag von Ebay betrage das durchschnittliche Defizit pro Haushalt etwa 180 Euro monatlich.

Da es sich dabei um ein weltweites Phänomen handelt, ist nicht ganz klar, warum sich die Gebühren-Offensive nur auf Deutschland bezieht. Möglicherweise sind hier die konjunkturbedingten Rückläufe besonders hoch.

Maßnahme betrifft nur 20 Prozent des Gesamtgeschäfts

Da Ebay mittlerweile den Löwenanteil seines Geschäfts mit gewerblichen Verkäufern macht, lässt sich der Gebührenerlass im privaten Bereich lediglich als korrektive Maßnahme einordnen. Nur einer von fünf Verkäufen wird derzeit durch einen privaten Anbieter abgewickelt. Diesen Anteil möchte Ebay nun offenbar merklich steigern.

Bei der Bewertung, wer privater und wer gewerblicher Verkäufer ist, verlässt sich der Onlinehändler vorzugsweise auf die Eigenangaben seiner Anbieter. Daneben bewerten auch Algorithmen das Verkaufsverhalten. Zeigen sich typische Verhaltensweisen einer gewerblichen Tätigkeit – beispielsweise der wiederholte Verkauf des immer gleichen Artikels in größeren Mengen – stuft Ebay den Anbieter von sich aus als gewerblich ein.

Ebay will zurück zu seinen Wurzeln – teilweise

Traditionell war Ebay von Beginn an eine Handelsplattform für Privatleute, die auf der Handelsplattform bis heute eine größere Rolle spielen als bei anderen Handelsriesen wie beispielsweise Amazon. Obwohl mittlerweile der gewerbliche Handel mit Abstand die Führungsrolle eingenommen hat, scheint Ebay mit dem allgemeinen Geschäftsgang nicht vollkommen zufrieden zu sein. Die Stärkung des privaten Sektors soll nun offenbar eine Rückbesinnung auf die ursprünglichen Stärken des Pioniers bei Online-Auktionen darstellen.

Für die Kurskorrektur scheint es einen konkreten Anlass zu geben. Die in der letzten Woche für das Weihnachtsquartal ausgegebenen Zahlen sind enttäuschend: Die Erlöse sanken im Jahresvergleich um rund vier Prozent auf 2,5 Milliarden Dollar. Noch schlimmer hat es den Gewinn erwischt: Er rutschte um satte zehn Prozent auf 581 Millionen Dollar ab.

Das alleine stellt nicht das gesamte Problem dar. Ebay konnte nie mit der Entwicklung anderer Branchenriesen im Onlinehandel mithalten. Noch vor 25 Jahren, zu Beginn der Dotcom-Konjunktur, sah alles nach einem Rennen auf Augenhöhe mit dem Hauptkonkurrenten Amazon aus. Doch Ebay musste einen Kulturwandel vom privaten Handelsplatz hin zur gewerblichen Plattform hinbekommen. Das hat einen Rückstand erzeugt, den Ebay bis heute nicht aufholen konnte. Ob die Rückbesinnung auf den privaten Verkäufer eine Trendwende einleiten wird, darf zumindest bezweifelt werden.