Dritter Anlauf für die Architekturbiennale in Venedig

Zweimal musste das weltgrößte Festival der Architektur schon verschoben werden: nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie vom Frühjahr 2020 auf den Herbst und dann – angesichts der aktuellen Situation – auf das Frühjahr dieses Jahres. Nun gibt es wieder eine Verschiebung, doch diesmal soll es endgültig klappen – live und vor Ort.

„How will we live together?“ – so lautet das Motto der 17. Biennale Architettura, die nun endgültig zwischen 22. Mai und 21. November 2021 stattfinden soll. Dass die Festlegung auf den neuen Termin ein Wagnis darstellt, bestätigte auch Biennale-Chef Roberto Cicutto bei einer Online-Präsentation der Schau.

Zusammenleben als Leitthema

Die Frage, wie wir künftig zusammenleben werden, stammt als Festivalthema noch aus der Zeit vor dem Ausbruch der Pandemie. Dabei hatte der Chefkurator, Architekturtheoretiker Hashim Sarkis, allerdings vor allem die Auswirkungen des Klimawandels, die anwachsende politische Polarisierung und die Auswirkungen von Migration im Blick. Dass eine weltweite Pandemie das Thema in einen neuen Kontext rückt, war damals noch nicht abzusehen.

Dennoch konnte das Thema Corona nicht unerwähnt an der Veranstaltung vorübergehen. Sarkis hat das Konzept entsprechend mit Zusatzangeboten wie speziellen Publikationen und Filmen angereichert.

Auch das eigentlich geplante Thema findet sich über die Ausstellungen in den Länderpavillons hinaus in zusätzlichen Angeboten wieder. Es gibt Publikationen, Filme und Symposien zu Themen wie Flüchtlingskrise, Wiederaufbau und Sport. Zudem soll eine Ausweitung des Festivalkonzepts in den Bereich Tanz zusätzliche Impulse liefern.

Deutscher Pavillon: zurück aus der Zukunft

Gut vorbereitet sieht man sich bei den Verantwortlichen für den deutschen Pavillon. Das überraschende Konzept sieht auf den ersten Blick aus, als glaube man selbst nicht an die tatsächliche Öffnung für den Publikumsverkehr: Es gibt keine Installationen, keine Modelle, keine Texte und Bilder. Was es dagegen reichlich gibt, sind über das Internet abrufbare Filme.

Dennoch steckt laut Versicherungen von Kurator Olaf Grawert ein konkretes Konzept dahinter. Dass sich der deutsche Pavillon im Wesentlichen leer präsentiert, hängt laut Grawert und seinem Team 2038 mit der Idee zusammen, die Schau als fiktiven Rückblick aus dem Jahr 2038 zu gestalten.

Die Zeitreisenden im deutschen Pavillon wollen den Blick für die Verantwortung des Heute für das Morgen schärfen. Das äußert sich in Texte wie diesem: „Trotz oder gar dank der großen Krisen in den 2020er- und 2030er-Jahren fand ein Umdenken und Handeln statt, das uns gerade so eben gerettet hat“.

Angesichts der Tatsache, dass das Konzept im Februar 2020 präsentiert wurde, trägt es unter dem Eindruck der einen Monat später ausgebrochenen Pandemie schon fast prophetische Züge. Dennoch wollen die Macher das Thema globaler aufgefasst wissen. Es gehe um die großen Fragen der Zeit, darunter die um Grund und Boden – nicht nur für Architekten ein Thema von existenzieller Bedeutung. „Ohne Grund kann ich nicht bauen“, lautet das lapidare Fazit des Kurators. Ob der Satz so zweideutig gemeint ist wie er klingt, ist nicht bekannt.

Aufbau mit Hindernissen

Die Aufbauarbeiten am Lido gestalten sich mühsam. Mehrere Lockdowns haben die Arbeiten bereits vorübergehend zum Stillstand gebracht und bestehende Zeitpläne über den Haufen geworfen. Dennoch laufen die Vorbereitungen im zentralen Biennale-Pavillon und den ausladenden Hallen des Arsenale, als sei sonst nichts Wesentliches passiert.

An etwa 110 Teilnehmer aus 46 Länder gingen Einladungen heraus, darunter an Gruppen aus Afrika, Asien und Lateinamerika. 63 Länderpavillons präsentieren ihre Visionen vom Zusammenleben in den kommenden Jahrzehnten. Zusätzlich zur Hauptschau im Guardini-Park soll es auch Aktivitäten an zahlreichen weiteren Orten in Venedig geben.

Ob der dritte Versuch gelingt, auf dem Höhepunkt einer weltweiten Pandemie ein internationales Festival abzuhalten, wird die nahe Zukunft zeigen.