Digitalisierung an den Schulen – Ziele bisher weit verfehlt
Das Projekt Digitalisierung in den Schulen hinkt seinen Vorgaben hinterher. Offenbar hakt es an allen kritischen Punkten – von der Finanzierung bis hin zur Hardware.
Untersuchungen bringen es an den Tag: Von den Milliarden, die im Rahmen des Digitalpakts für die Digitalisierung von Schulen bereit stehen, wurde bisher nur ein verschwindend kleiner Teil für konkrete Projekte bewilligt. Das ist angesichts geschlossener Schulen eine alarmierende Nachricht, denn eine unzureichende digitale Ausstattung behindert nicht nur den Präsenzunterricht, sondern konterkariert auch alle Bemühungen um eine diskussionswürdige Variante für das Online-Lernen.
Probleme, die sich im Schulalltag zeigen, haben ihre Ursache vor allem in Defiziten bei der Digitalisierung, so das Ergebnis einer Forsa-Umfrage. Das hat zu einer allgemeinen Stimmungsverschlechterung bei den Schulleitern geführt, wie eine Umfrage des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) unter 269 Schulleitern in Baden-Württemberg zeigt. Dabei kristallisieren sich als Hauptursachen unzureichende oder veraltete Hardware und zu langsame Internetverbindungen heraus.
Flächendeckender Online-Unterricht – derzeit nicht realisierbar
Das schleppende Tempo bei der Digitalisierung hat mittlerweile die frühere Hauptursache für Probleme an den Schulen abgelöst – den anhaltenden Lehrermangel. Fast die Hälfte aller befragten Schulleiter nennt Digitalisierung als zentrale Herausforderung bei der Verbesserung schulischer Angebote.
Als besonders schmerzhaft empfinden die Schulleiter den Umstand, dass die digitale Unterversorgung den flächendeckenden Online-Unterricht praktisch unmöglich macht. Das Problem macht sich durch die Pandemie besonders intensiv bemerkbar, denn zu allem Überfluss führt die Epidemie auch noch zu Ausfällen beim Lehrpersonal: durchschnittlich ein Lehrer pro Schule muss krankheitsbedingt zuhause bleiben.
Digitale Mängel lassen Defizite bei der Berufszufriedenheit entstehen
Eine Aufgabe aufgrund äußerer Bedingungen – trotz hohem persönlichen Einsatz – nicht optimal erfüllen zu können, führt zwangsläufig zu Resignation und Demotivation. So ist die Quote der Schulleiter, die mit ihrer Tätigkeit zufrieden sind, seit dem vergangenen Jahr von 90 auf nun 62 Prozent gesunken. Diese unerfreuliche Zahl verkündete VBE-Landesvorsitzender Gerhard Brand anlässlich der Präsentation der Umfrageergebnisse.
Erschwerend wirken sich Pläne der Bundesregierung aus, weitere Maßnahmen im Rahmen von Ausstattungsprogrammen auf das Schuljahr 2022/2023 zu verschieben. Das erhöht den Druck auf die Schulen, freie Stellen in einer Zeit zu besetzen, die ohnehin schon von starken Ausfällen bei der Lehrerschaft belastet ist.
Kritische Stimmen bemängeln Überbewertung von Digitalisierung
Stimmen, die Kritik an der Digitalisierungs-Euphorie an den Schulen anmelden, sind während der Pandemie nicht leiser geworden. Obwohl die Möglichkeiten des Online-Unterrichts in Zeiten des Lockdowns wirksame Alternativen schaffen können, mahnen einige Experten negative Aspekte an.
So wendet der Medientheoretiker Ralf Lankau in einem Interview mit der FAZ ein, dass Online-Unterricht systembedingt Instruktion in den Vordergrund stellt und Diskurs oder Dialog weitgehend auf der Strecke bleiben. Lankau fordert neben einer besseren Ausstattung vor allem Investitionen in Lehrkräfte, Mentoren und Tutoren. Auch mehr Selbstbestimmung der Schulen bei der Verwendung der bereitgestellten Gelder hält der Medientheoretiker für eine wesentliche Voraussetzung bei der Entwicklung der Schullandschaft.
Der zwanghafte Impuls, den Großteil der Gelder in IT zu investieren, führt nicht in jedem Fall zu optimalen Ergebnissen. Es sollte den Schulen überlassen bleiben, ob sie stattdessen nicht besser in Psychologen, Sozialarbeiter, Musikinstrumente oder Bücher investieren.