Die Verfassungsbeschwerde als letztes Mittel gegen die Folgen von Corona
Nach wie vor, mehr als zwei Jahre nach dem internationalen Ausbruch der Corona-Pandemie, sind Konsequenzen in nahezu allen Aspekten des alltäglichen Lebens zu spüren. Auch die europäischen Gerichte bleiben von den Auswirkungen und zahlreichen Veränderungen sowie Anpassungen nicht verschont. Das gilt ganz besonders für die europäischen Verfassungsgerichte wie etwa das BVerfG, das Bundesverfassungsgericht der Bundesrepublik Deutschland, welches nicht nur den obersten Gerichtshof auf Bundesebene darstellt, sondern auch das höchste unabhängige Verfassungsorgan der Justiz.
Besonders in Hinblick auf weitreichende und einschneidende Themen wie etwa eine Impfpflicht für diverse Gruppierungen der Bevölkerung oder Ansprüche auf finanzielle Entschädigungen während der Lockdown-Phasen wird das Verfassungsgericht, wenn alle möglichen Rechtswege bereits beschritten wurden, als eine Art letzte und alles entscheidende Instanz genutzt. Dass die Voraussetzungen und Ansprüche an eine Verfassungsklage hier besonders hoch liegen, scheint aufgrund der Bedeutung und der Entscheidungsmacht des Verfassungsgerichts absolut nachvollziehbar. Andererseits scheinen allerdings nicht alle Personen und Unternehmen, welche eine Verfassungsbeschwerde anstreben, diese Meinung zu teilen.
Haben Unternehmen Ansprüche auf finanzielle Entschädigungen?
So ist erst Mitte März 2022 eine große Hotelgruppe, zu welcher 58 Hotels auf deutschem Boden gehören, mit ihrer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gescheitert. Die Kläger und Betreiber der Hotelkette hatten ihre Verfassungsbeschwerde im Vorjahr eingereicht und betont, dass die verordneten Schließungen und Einschränkungen aufgrund COVID-19 die Einnahmen und damit letztlich die Existenz des Unternehmens bedroht hätten. Es hätte in Hotels nur ein sehr geringes Risiko bestanden, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren, so die Kläger in ihrer Beschwerde.
Die finanziellen Soforthilfen des Staates, welche in diesem Fall bei 60.000€ lagen, wurden zudem aufgrund ihrer Obergrenze als ungerecht und zu gering bezeichnet. Ein Unternehmen wie die besagte Hotelkette bekomme auf diesem Wege nur einen sehr geringen Teil der entstandenen wirtschaftlichen Schäden ersetzt. Das Bundesverfassungsgericht lehnte die Klage nun ab, da eine essenzielle Verletzung von Grundrechten nicht schlüssig aufgezeigt werden konnte. Außerdem müsse die Hotelgruppe zunächst vor den Fachgerichten eine rechtskräftige Entscheidung erstreiten, was in diesem Fall nicht geschehen war.
Verletzen Corona-bedingte Verluste das deutsche Grundgesetz?
Die Richterinnen und Richter des BVerfG betonten außerdem, dass im Vorfeld zunächst grundsätzlich geklärt werden müsste, ob sich aus den Verordnungen des Infektionsschutzgesetzes überhaupt mögliche Entschädigungsansprüche für Unternehmen ergeben. Nach geltendem Arbeitsrecht können bisher etwa nur Arbeitnehmerinnen und -nehmer, welche zum Beispiel wegen der Betreuung ihrer Kinder vorübergehend nicht arbeiten können und daher einen Verdienstausfall erleiden, einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich geltend machen.
Das offizielle Statement zu möglichen Entschädigungsansprüchen für Unternehmen wurde seitens des Bundesgerichtshofs für den 17. März 2022 angekündigt. Laut aktueller Mitteilung der Pressestelle des BGH hat der III. Zivilsenat letztlich entschieden, dass weder Entschädigungs- noch Schadensersatzansprüche für flächendeckende Betriebsschließungen durch Corona geltend gemacht werden können. Der Staat haftet somit nicht für pandemiebedingte Einnahmeausfälle.
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