Die Bedeutung des richtigen Zuhörens für die Gesprächsführung

Wo auch immer man sich im Internet oder klassisch im Zeitschriftenregal umsieht, stößt man früher oder später auf Ratgeber, oftmals im Kontext der Verhaltens- oder Wirtschaftspsychologie, die von der Wichtigkeit des Redens und des Überzeugens berichten. Ob bei wichtigen Geschäfts- und Gehaltsgesprächen oder in gewöhnlichen Alltagssituationen – neben körpersprachlichen Aspekten wird der Fokus wird primär auf das Reden gelegt. Dabei wird ein ebenso wichtiger Aspekt dabei gerne vernachlässigt: das „richtige“ Zuhören.

Zur effektiven Gesprächsführung gehört es nicht einfach nur, selbst optimal zu sprechen, sondern ebenfalls optimal zuzuhören. Dabei ist es nicht nur für Führungskräfte und im beruflichen Kontext wichtig, dem Gegenüber wirklich und „richtig“ zuzuhören. In allen möglichen sozialen Interaktionen ist es von Bedeutung, das Interesse und die aktive Beteiligung am Zuhören nicht nur durch vereinzelt eingestreute Bemerkungen und Bewegungen vorzutäuschen. Stattdessen benötigt aktives Zuhören ein ehrliches Interesse an dem, was mir mein Gegenüber vermitteln möchte. Es ist eine Binsenweisheit, dass das Entscheidende zwischen den Zeilen zu finden ist – und doch ist aktives Zuhören die absolute Ausnahme.

Wissenschaftler unterscheiden vier Arten des Zuhörens:

  • Beim relationalen Zuhören steht das Verstehen einer Nachricht und die Verbindung zum Gesprächspartner auf einer emotionalen Ebene im Mittelpunkt.
  • Beim kritischen Zuhören geht es darum, den Inhalt einer Unterhaltung und die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit des Sprechers kritisch zu beurteilen.
  • Aufgabenorientierte Zuhörer legen einen besonderen Wert darauf, möglichst schnell und effizient an die relevantesten Informationen zu gelangen.
  • Einen grundsätzlich neutralen – und damit auch eher distanzierten – Standpunkt nehmen die analytischen Zuhörer ein, welche nicht von Emotionalität oder Gesprächseffizienz angetrieben werden.

Dabei ist zu beachten, dass diese vier unterschiedlichen Varianten des Zuhörens nicht starr und unflexibel sind. Wer stattdessen mit der Zeit lernt, dynamisch zwischen den genannten Ausprägungen des Zuhörens zu wechseln und sich bestmöglich an Gesprächssituation und -partner anzupassen, kann umso wirkungsvollere Gespräche führen, bei denen nicht nur auf die eigentlichen Bedürfnisse des Sprechenden eingegangen wird, sondern auch der aktiv Zuhörende gewinnt.

Jack Nasher: „Aktives Zuhören macht einen großen Unterschied“

Auch der bekannte Verhandlungsexperte Prof. Dr. Jack Nasher, Gründer des NASHER-Verhandlungsinstituts, Autor und Professor für Führung und Organisation an der Munich Business School, ist ein großer Freund des aktiven Zuhörens in Gesprächen. „Aktives Zuhören ist scheinbar nur eine Kleinigkeit, aber sie macht einen großen Unterschied“, so der Buchautor mehrerer Spiegel-Bestseller.

Nasher, spezialisiert auf Verhandlungen und das Überzeugen von Menschen, betont die positiven Aspekte dieser involvierten und aktiveren Art des Zuhörens in einem Videobeitrag auf dessen YouTube-Kanal: „Gerade dann, wenn du Menschen überzeugen möchtest – das Beste ist, sie zum Reden zu bringen, denn meistens sie sagen dir alles. Du musst nur fragen. Sie sagen dir, was sie wollen, was deren Traumergebnis ist. Sie sagen dir alles, aber du musst sie zum Reden bringen. Schlechte Verhandler bereiten eine Liste vor und klappern sie ab – ein Fehler.“ Es sei laut Jack Nasher äußerst wichtig, nicht nur selbst zu sprechen und die Gesprächsführung zu übernehmen, sondern das Gegenüber zum Reden zu bringen, um nahezu alles von ihm oder ihr erfahren zu können.

Dabei käme es besonders auf die Details und kleinen Gesten an, so Jack Nasher. Man solle seinem Gegenüber zugeneigt und aufgeschlossen sein, bestätigend mit dem Kopf nicken, regelmäßig nachhaken und sich besonders nach den Gefühlen sowie Eindrücken des Gesprächspartners erkundigen. Diese Techniken müssten einer ehrlichen Neugierde entsprechen und nicht aufgesetzt sein.

Führen durch bewusstes und aktives Zuhören

Offenheit, Flexibilität und ein dynamisches Experimentieren mit den unterschiedlichen Ausprägungen des aktiven Zuhörens sind wichtig für beide Seiten. Man ermöglicht es anderen Menschen, zu erzählen, was ihre Gefühle, Wünsche und Ziele sind, während man selbst ebenfalls mehr Informationen über das Gegenüber und dessen Situation erhält. Durch intensivere, bewusstere Beziehungen profitieren die Zusammenarbeit und das Zusammenleben nicht nur ausschließlich auf beruflicher Ebene, so Jack Nasher. Ein aktives, bewusstes Zuhören und Reagieren erlaubt es uns auch, Probleme erfolgreicher zu lösen und häufiger ein Win-Win-Resultat zu erreichen – egal in welcher Situation.