Commerzbank und Comdirect verabschieden sich vom Gratiskonto

Zunehmend verzichten Banken auf das Angebot eines kostenlosen Girokontos – ein deutliches Indiz dafür, dass Geldhäuser angesichts einer stabilen Niedrigzinssituation ihr Geschäftsmodell ändern. Neuestes Beispiel: Die Commerzbank und ihr Online-Ableger Comdirect nehmen vom Gratiskonto Abschied – auch bei ihren Bestandskunden.

Ab 1. Juli werden sich Kontoinhaber bei der Commerzbank und der Comdirect auf neue Zeiten einstellen müssen. Das seit Jahren existierende kostenlose Konto gehört dann der Vergangenheit an. Die Bank packt die schlechte Nachricht auf ihrer Website in eine diplomatische Formulierung: „Ab dem 1. Juli 2021 entfällt der Mindestgeldeingang auf Ihrem Girokonto, gleichzeitig erheben wir einen Monatspreis von 4,90 Euro.“

Das gilt für alle Bankkunden, die ihr kostenloses Girokonto vor Oktober 2020 eingerichtet haben. Alle kostenlosen Kontotypen der Bank sind betroffen, vom „0-Euro-Konto“ bis zum „PlusKonto 0 Euro“. Zwar gibt es andere Optionen, doch greifen diese nur unter besonderen Voraussetzungen.

Alternativen ohne wirklichen Nutzeffekt

Die Commerzbank nennt drei Alternativen, die Kunden vor dem Stichtag wählen können. Neben der Annahme des Angebots und der künftigen Zahlung der monatlichen Grundgebühr gehört dazu der Wechsel zum Kontotyp Basic. Dieser setzt allerdings einen Geldeingang von mindestens 700 Euro monatlich voraus, um die Gratis-Option nutzen zu können.

Die dritte Variante, die das Bankhaus vorschlägt, ist das Upgrade zu Konten mit erhöhtem Leistungsumfang, beispielsweise Klassik oder Premium. Da das Bankhaus für die zusätzlichen Leistungen allerdings Monatsgebühren zwischen 6,90 und 12,90 erhebt, lässt sich das nicht unbedingt als sinnvolle Alternative zum Gratiskonto einordnen.

Bleibt eine vierte Variante, die verständlicherweise auf der Bank-Website nicht vorzufinden ist: der Wechsel zu einer anderen Bank, die das Gratiskonto noch im Angebot hat. Dieser Schritt erfordert allerdings eingehende Überlegung. Neben dem organisatorischen Aufwand, der mit einem Wechsel der Bankverbindung verbunden ist, bleibt die allgemeine Lage am Zinsmarkt vorerst so, wie sie ist. Das bedeutet: Dass die neue Bank auf absehbare Zeit ihr Gratismodell aufrecht erhält, darf zumindest angezweifelt werden.

Basic-Tarif: Alternative mit Einschränkungen

Die Entscheidung, beim einzigen Null-Euro-Angebot der Commerzbank zu bleiben, ist über den Mindestgeldeingang von 700 Euro monatlich noch mit weiteren Bedingungen verknüpft. Vor allem Kunden, die Bankgeschäfte bisher auf die klassische Art vorgenommen haben, werden sich damit schwer tun: Sämtliche Transaktionen müssen online ablaufen, also über den PC oder das Smartphone – zumindest, wenn das Konto weiterhin kostenlos bleiben soll.

Der weitgehende Wegfall von Zinsgewinnen als zentrales Geschäftsfeld macht Banken zunehmend zu Dienstleistungsunternehmen. Der Kunde kauft nur noch vermindert klassischen Anlagen und nutzt stattdessen vor allem die technische und logistische Infrastruktur der Bank, um seine Transaktionen abzuwickeln.

Das war zwar schon früher der Fall, doch angesichts der satten Zinsgewinne konnten die Banken diese Serviceleistungen kostenlos abgeben – als Zugabe und Werbemittel. Die drastischen Rückgänge im klassischen Bankgeschäft lassen diese Dienstleistungen nun in den Vordergrund rücken. Sie gehören – neben dem Negativzins – derzeit zu den wichtigsten Quellen der Banken, um aus dem täglichen Geschäft Einnahmen zu generieren.

Commerzbank 5.0: Antwort auf eine veränderte Welt

Den neuen Gegebenheiten im Bankwesen begegnet die Commerzbank mit ihrer im Herbst 2019 aufgesetzten Strategie Commerzbank 5.0. Bei ihrer Präsentation verwies der frühere Vorstandschef Martin Zielke auf die Schwerpunkte der neuen Stoßrichtung: Filialschließungen, Einsparungen und die Digitalisierung von Kundenprodukten.

Die Strategie strebt zwei Ziele an: zum einen das weitere Zusammenrücken von Commerzbank und Comdirect, zum anderen die effektivere und kosteneffizientere Aufstellung am Markt. Der Plan ist, die Comdirect nach und nach in der Commerzbank aufgehen zu lassen.

Das ist wohl der Grund dafür, dass der Abschied vom Gratiskonto bei Commerzbank und Comdirect simultan erfolgt. Gleichzeitig versichert der Vorstand, dass alle Produkte beider Banken unverändert bestehen bleiben sollen – abgesehen vom Gratiskonto. Auch die endgültige Vision von Commerzbank 5.0 zeichnet sich bereits heute ab: die integrierte Bank – ein Geschäftsmodell, das auf ganzheitliche Prozesse setzt.