Coinbase-Börsengang übertrifft Erwartungen

Der gestrige Erstauftritt der weltweit größten Handelsplattform für Kryptowährungen an der NASDAQ wurde ein voller Erfolg. Mit 381 Dollar lag der erste Kurs stolze 181 Dollar – das sind rund 52 Prozent – über dem Referenzpreis von 250 Dollar. Damit dürfte der Handel mit dem digitalen Gold endgültig im Bewusstsein der Finanzwirtschaft angekommen zu sein.

Rund 56 Millionen Anleger handeln auf Coinbase täglich mit allen wesentlichen Kryptowährungen. Das sind rund elf Prozent des gesamten Kryptohandels weltweit. Das macht die digitale Währungsbörse zu einem Schwergewicht der Finanzindustrie. Mit einem Wert von aktuell 100 Milliarden Dollar ist Coinbase der wertvollste Handelsplatz – selbst die New Yorker Börse Intercontinental Exchange kommt bei der Marktkapitalisierung lediglich auf rund 66 Milliarden Dollar.

Experten sehen nachhaltige Entwicklung

Analysten gehen davon aus, dass der glanzvolle Auftritt von Coinbase kein Strohfeuer darstellt. Erwartet wird eine Fortsetzung der Kursrallye und in der Folge eine Bewertung bis zu 170 Milliarden Dollar.

Für die Befürworter von Kryptowährungen bedeutet der triumphale Börsengang der Handelsplattform die Bestätigung, auf die sie lange warten mussten. So sieht es auch Krypto-Experte Timo Emden von Emden Research: „Die Wall Street kann die Kryptowährungen spätestens seit heute nicht mehr länger ignorieren“, kommentierte der Analyst den NASDAQ-Auftritt.

Hohe Profitabilität mit Risikofaktor

Derzeit präsentiert sich Coinbase mit sehr guter Profitabilität. Der Gewinn im ersten Quartal liegt nach eigenen Angaben bei einem Wert zwischen 730 und 800 Millionen Dollar. Der Umsatz stieg in diesem Zeitraum auf 1,8 Milliarden Dollar an. In das erste Quartal fällt auch der sprunghafte Anstieg der Nutzerzahlen um das Vierfache: von 13 auf 56 Millionen.

Als Handelsplattform für Kryptowährungen belastet Coinbase allerdings ein systemisches Problem: Sacken die Kurse ab, schmelzen damit auch die Gewinne dahin. Entwicklungen dieser Art sind bei den Nicht-Stablecoins jederzeit möglich. So brach 2018 der Bitcoin-Kurs um 70 Prozent ein und riss auch die Werte anderer Währungen mit sich in den Abgrund, darunter auch den Krypto-Liebling Ethereum.

Bitcoin bestimmt den Krypto-Markt

Trübe Gedanken dieser Art belasten den Börsenstart von Coinbase allerdings nicht. Das ist vor allem dem Urvater aller Kryptowährungen geschuldet: Der Kurs des Bitcoin hat sich im Laufe des letzten Jahres fast verzehnfacht und erreichte am letzten Mittwoch sein Allzeithoch von 64.899 Dollar.

Der Höhenflug des Bitcoin – und damit von Coinbase und den anderen Kryptobörsen – scheint weiterhin ungebrochen. Analysten, die letztes Jahr die dann auch tatsächlich eingetroffene Verzehnfachung des Wechselkurses vorausgesagt hatte, mussten sich damals einige unangenehme Kommentare anhören. Dieselben Analysten sehen den Bitcoin-Kurs zum Jahresende bei 100.000 Dollar und zu Ende 2022 bei 200.000 Dollar. Ein langfristiges Kursziel von einer Million erscheint immer weniger Marktbeobachtern als reine Phantasie.

Wettbewerbsdruck als Einflussfaktor

Zu den ohnehin schon bestehenden Mitbewerbern bei den Krypto-Handelsplattformen dürften in den nächsten Monaten weitere Spieler hinzukommen, darunter auch Schwergewichte der Digitalbranche. So hat PayPal in den USA jüngst Bezahlvorgänge in Kryptowährungen zugelassen. Ob der Bezahldienst diesen ersten Schritt zu einem vollwertigen Handelsangebot ausbaut, bleibt abzuwarten.

Fest steht jedenfalls: Je mehr Kryptobörsen, desto aggressiver der Verdrängungswettbewerb, besonders bei den Gebühren. Wie schon in zahlreichen anderen Branchen, dürften dabei vor allem die kleineren Anbieter auf der Strecke bleiben und das Feld den Branchenriesen überlassen.

Gefahr droht auch von Seiten der nationalen Regierungen. Kommt es in mehreren Ländern zu massiven Regulierungen beim Kryptohandel, könnte das die Geschäftsmodelle der Kryptohändler nachhaltig beschädigen.

Insbesondere das nicht tot zu kriegende Argument, Kryptowährungen begünstigten die Geldwäsche und den Drogenhandel, sorgen immer wieder für Sperrfeuer aus den Parlamenten. Die Diskussion erinnert an die Auseinandersetzungen über 3D-Shooter, die angeblich zur Verrohung der allgemeinen Sitten beitragen. Letzteres gilt heute weitgehend als widerlegt. Beim Kryptohandel steht die klärende Erkenntnis noch aus.