Britische Umfrage: Streaming-Honorare sind für Künstler inakzeptabel

Eine Umfrage von Abgeordneten des britischen Unterhauses bei Branchenvertretern der Film- und Musikindustrie brachte erschreckende Informationen über die Einkommensverhältnisse von Künstler*innen zutage. Niemand – auch nicht Stars der Branche – könnten von dem leben, was nach der Ausschüttung der Erträge aus dem Streaming ihrer Werke übrig bleibt.

Der Abschlussbericht, der am Ende der ein Jahr dauernden Befragung steht, bringt es auf den Punkt: Die Honorarbasis für die am Ende der Verwertungskette stehenden Künstler*innen hat nichts mit einer angemessenen Leistungsvergütung zu tun. Die Abgeordneten fordern grundlegende Änderungen, was auch der Situation in anderen Ländern entsprechen dürfte.

Honorare zu gering für die gesamte Verwertungskette

Musikstreaming-Dienste wie Spotify oder Apple Music zahlen pro Stream ab einer gewissen Hördauer durchschnittlich einen US-Cent. Doch dieser Betrag fließt nicht den Künster*innen alleine zu. Ein Teil des ausgezahlten Honorars bleibt bei den Aggregatoren, also den Dienstleistern, die für das Einstellen der Werke in die Streamingdienste sorgen.

Ein weiterer Vertriebspartner will einen Anteil am ausgezahlten Honorar sehen: die Plattenfirma, die in den meisten Künstlerverträgen die Rechte für die gestreamten Werke hält. Wieviel am Ende bei den Künstler*innen hängen bleibt, hängt vor allem vom Bekanntheitsgrad ab. Im Durchschnitt ist es ein Zehntel des Cents, der ursprünglich vom Streamingdienst ausgeschüttet wurde.

Vergütungsmodell aus der Zeit physischer Bild- und Tonträger

Das Verrechnungsmodell, nach dem insbesondere die Plattenfirmen ihre Anteile berechnen, stammen aus einer Zeit, in dem das Tonträgerunternehmen noch mit der Produktion und dem Vertrieb von Bild- und Tonträgern befasst war und entsprechend höhere Kosten hatte als das beim Streaming oder dem Verkauf von Mediendateien über das Internet der Fall ist.

Dass dieses Modell nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten entspricht, ist der zentrale Kritikpunkt der britischen Untersuchung. Eine neue Leistungsverteilung müsse den derzeitigen Gegebenheiten Rechnung tragen. So fordern die britischen Abgeordneten einen Anteil von mindestens 50 Prozent der ausgezahlten Streaming-Honorare für die Künstler*innen.

Verhaltene Reaktionen aus der Industrie

Eine sorgfältige Prüfung der Untersuchung verspricht der mächtige, der Plattenindustrie nahestehende Verband der britischen Musikindustrie. Angesichts der Tatsache, das Unternehmen wie Universal, Warner und Sony Mitglieder des Verbands sind, erscheinen die Aussichten für die Künstler*innen auf eine gütliche Einigung nur gering.

Nichts Gutes lässt auch die Verlautbarung der Verbands als Reaktion auf die Initiative aus dem britischen Unterhaus erhoffen. Von der “Vermeidung unbeabsichtigter Folgen für Investitionen in neue Talente” durch politische Vorschläge ist da die Rede, und davon, “den außerordentlichen internationalen Erfolg des Landes in der Musik nicht (zu) gefährden”. Guter Wille bei der Herbeiführung einer fairen Übereinkunft äußert sich in der Regel durch eine andere Wortwahl.

Marktmacht gegen politischen Einfluss

Alleine die drei Marktführer Universal, Warner und Sony dominieren rund 75 Prozent des britischen Musikmarkts. Dass es den Platzhirschen vor allem um die Wahrung ihrer Pfründe geht, ist ein nachvollziehbarer Reflex. Vor allem für die Independent-Szene stellt diese Dominanz der großen Player allerdings ein großes Problem dar.

Diese Marktmacht schlägt sich auch in der Verhandlungsmacht der Musikkonzerne gegenüber ihren Künstlern nieder. Abgesehen von den absoluten Stars im Musikgeschäft müssen die Künstler*innen meist die angebotenen Konditionen widerspruchslos akzeptieren, wollen sie im Musikgeschäft Fuß fassen.

Parlamentarier nehmen Kartellbehörden in die Pflicht

Nach Sichtweise der britischen Parlamentarier, die die Befragung auf den Weg gebracht haben, sollen die Kartellbehörden größeren Einfluss auf die Vertragsgestaltung der großen Musikfirmen nehmen und so ein getarntes Monopol brechen, das sich aus dem koordinierten Vorgehen gegenüber den Künstler*innen ergibt.

Doch auch die Berechnungsverfahren der Streamingdienste stellen vor allem für weniger bekannte Künstler*innen und Labels ein enormes Problem dar. Da der Löwenanteil der Honorare an die durch Empfehlungsalgorithmen gepushten Titel der Topstars geht, bleibt für die weniger bekannten, unabhängigen Protagonisten nur ein ärmlicher Rest übrig.

Alternativen gibt es durchaus. So sind Modelle in der Diskussion, nach denen die Streaming-Honorare direkt den Künstlern zugute kommen, deren Titel Hörer*innen konkret aufrufen. Ob sich soziale Modelle dieser Art gegen die Marktmacht der großen Konzerne durchsetzen lassen, wird die Zukunft zeigen.

Positiv Beispiele aus der Video-Streaming Branche

Insbesondere der Video-Streamingdienst Watch it TV ist dafür bekannten seine Partner leistungsgerecht zu bezahlen.