Automobilindustrie droht Unterbrechung der Lieferketten

Noch leiden Automobilhersteller nicht unter den Einreisebeschränkungen an einigen deutschen Grenzen. Ob die Lage eskaliert, hängt im Wesentlichen von der weiteren Entwicklung der Pandemie und der zukünftigen Gestaltung der Einreisebestimmungen ab.

Vor allem die Einreisebeschränkungen aus Tschechien und dem österreichischen Tirol könnten sich als logistische Zeitbomben für die Versorgung der Autohersteller mit Bauteilen auswirken. Sie verhindern nicht nur Lieferungen aus den betreffenden Ländern, sondern den gesamten Transitverkehr, dessen Routen über diese Gebiete führt.

Die Lage an den Grenzen ist kritisch: Seit Sonntag stauen sich die Fahrzeuge, um im Rahmen der erweiterten Abwicklung negative Corona-Testergebnisse vorzulegen. Auch die Frage, ob das Fahrzeug eine Region mit erhöhtem Infektionsrisiko durchquert hat, ist Teil der Einreisekontrollen. Insbesondere Bayern und Sachsen sind von den neuen Einreisebeschränkungen beim Lieferverkehr betroffen.

VDA warnt vor Behinderung des Lieferverkehrs

Die Pandemie-Schutzmaßnahmen an den beiden deutschen Grenzen werden den Lieferverkehr massiv behindern, so eine Verlautbarung des Automobilbranchenverbands VDA. „Die ersten Auswirkungen werden sich schon in wenigen Tagen zeigen“, warnen Verbandssprecher.

Noch können die Hersteller die Engpässe bei den Komponentenlieferungen durch eigene Vorsorgemaßnahmen abfedern. Doch dieser Zustand lässt sich nicht beliebig ausdehnen. Um Produktionseinschränkungen oder Stillstände zu vermeiden, fordert der VDA geeignete Maßnahmen. Insbesondere separate Kontrollstellen und Sonderspuren sollen dabei helfen, die Grenzabwicklung flüssiger zu gestalten.

Lieferanten von ihren Kunden abgeschnitten

Eine Reihe wichtiger Zulieferbetriebe für deutsche Automobilproduzenten sitzen in Ungarn, der Slowakei und in Tschechien. Auch italienische Lieferbetriebe, deren Weg über den Brennerpass nach Österreich führt, werden durch die Beschränkungen an den Tiroler Grenzen empfindlich ausgebremst.

Zulieferer sind massiv in die Produktionsprozesse der Automobilfirmen eingebunden, um die Herstellungsphasen durch präzise Just-in-Time-Lieferung am Laufen zu halten. Treten durch Erschwernisse bei der Grenzabwicklung Verzögerungen ein, kommt das fein abgestimmte Gesamtsystem zum Erliegen.

Armin Laschet befürchtet Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft

Die Grenzbeschränkungen sind auch Gegenstand deutlicher Kritik von CDU-Chef Armin Laschet. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident sieht durch die Unterbrechung der Lieferketten vor allem eine Gefährdung der deutschen Automobilindustrie. Damit geht der Politiker auf deutlichen Konfrontationskurs zu Bundesinnenminister Horst Seehofer, der die Corona-Schutzmaßnahmen an die erste Stelle der bundesweiten Prioritätenliste setzt.

„Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir nicht mit Ersatzmaßnahmen die gesamten Lieferkettenprozesse im Binnenmarkt zerstören“, so Laschet anlässlich des virtuellen Neujahrsempfangs des Wirtschaftsrats Baden-Württemberg. Erste Probleme seien bereits jetzt im Umfeld der betroffenen Grenzgebiete zu beobachten.

Staus und Einreiseverbote

Sowohl an der tschechischen Grenze als auch am Übergang aus Tirol bilden sich seit Sonntag kilometerlange Staus. Ähnliches ist auch an der italienischen Grenze am Brenner zu beobachten. Die Staus am Brennerpass sind auf Einreisebeschränkungen der österreichischen Behörden zurückzuführen, die auf diesem Weg einen Teil der Lastwagen-Lawine aufhalten wollen.

Rund die Hälfte aller Einreisewilligen müssen an den Grenzen wieder kehrt machen, weil sie den Pandemiebestimmungen nicht gerecht werden. Die Einreise ist nur rückkehrenden deutschen Staatsbürgern, Ausländern mit Aufenthaltstitel, pendelnden Mitarbeitern aus Pflegebetrieben und LKW-Fahrer mit einem negativen Corona-Test sicher.