Aufbruchstimmung bei der landwirtschaftlichen Biotechnologie

Der Widerstand gegen genmanipulierte Lebensmittel ist in den letzten Jahren gegenüber den immensen Vorteilen von Biotechnologie im Bereich Landwirtschaft in den Hintergrund getreten. Mittlerweile verzeichnen Biotec-Unternehmen in diesem Sektor überall auf der Welt überdurchschnittliche Zuwachsraten.

Die nächsten Jahre stehen im Zeichen robusten Wachstums – so das Ergebnis einer Untersuchung des Agrikultur-Beratungsunternehmens Acumen Research and Consulting (ARC). Nach dem globalen Geschäftsvolumen von 32,1 Milliarden Dollar im Jahr 2022 geht ARC für die Zeit zwischen 2023 und 2032 von einer jährlichen Wachstumsrate von 9,4 Prozent aus. Für 2032 rechnen die Analysten mit einem Gesamtvolumen um 77 Milliarden Dollar.

Genetik und Biotechnologie eröffnen zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten

Ernährungssicherung und Steigerung des Ertrags pro Flächeneinheit – das sind die beiden wesentlichen strategischen Ziele landwirtschaftlicher Biotechnologie. Das kann auf vielen unterschiedlichen Anwendungsgebieten geschehen, beispielsweise durch verbesserte Düngemittel, innovative Schädlingsbekämpfung, genetische Optimierung von Nutzpflanzen oder Ertrag und Nährwert steigernde Züchtungstechnologien. 

Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet von Biotec auf dem Acker ist die Anpassung an klimatische Besonderheiten, allen voran die Entwicklung von Pflanzen, die Dürreperioden überstehen können. Ein wichtiges Argument für Biotechnologie ist auch die Reduzierung des Bedarfs an Pestiziden und Herbiziden bei entsprechend veränderten Pflanzen. Damit schafft Biotec in der Landwirtschaft quasi die Quadratur des Kreises: Erhöhung der Ernteerträge und – anders als bei konventionellen Methoden – gleichzeitig eine Steigerung der Lebensqualität.

Nahrungsbedarf wird sprunghaft anwachsen

Zahlreiche Forschungseinrichtungen sagen ein Anwachsen der Weltbevölkerung bis 2050 auf mehr als neun Milliarden Menschen voraus. Sie alle benötigen ausreichend Nahrung. Ohne biotechnologische Lösungen wird diese Herausforderung nicht zu bewältigen sein – vor allem nicht, ohne Umwelt und Klima weiterhin massiv zu schädigen.

Genetik und Biotechnologie bieten ein komplettes Instrumentarium für die Steigerung von Erträgen bei gleichzeitig besseren Umweltbedingungen an. Eines der wichtigsten Verfahren ist dabei die Präzisionslandwirtschaft. Sie hilft mit, Kollateralschäden durch die Bodenbearbeitung zu minimieren. Dabei kommen Satellitenbeobachtung und intelligente Sensoren zum Einsatz, die neben der Ertragssteigerung auch zu massiven Kostensenkungen führen.

Vielversprechend, aber noch mit starken Vorurteilen belastet, ist die synthetische Biologie. Sie beschäftigt sich mit der Entwicklung widerstandsfähiger Pflanzen, die auch in klimatisch belasteten Regionen wachsen und gleichzeitig höheren Nährwert bieten. Ein Hauptinstrument bei der synthetischen Biologie ist die Gen-Schere CRISPR, die nach Maß konstruierte Pflanzenarten ermöglicht. Das führt neben gesteigerten Erträgen auch zu einer höheren Resistenz gegen Krankheiten. Zusätzlich lassen sich individuelle Eigenschaften entsprechend der konkreten Anbausituation einstellen.

Einsatz auch abseits des Ackers

Die Methoden der landwirtschaftlichen Biotechnologie sind auch auf andere Gebiete nutzbringend anwendbar. So lassen sich auf diesem Weg auch biologisch abbaubare Kunststoffe herstellen, als Alternative zu den herkömmlichen Kunststoffen und ihren bekannt fatalen Auswirkungen auf Umwelt und Klima.

Der Fokus liegt allerdings auf der Landwirtschaft. Starke Wachstumsraten verzeichnet insbesondere Smart Farming – Anbaumethoden, die modernste Technologien wie Drohnen und Sensoren nutzen. Das Ziel ist neben der Ertragssteigerung auch der sinnvolle Umgang mit den Ressourcen, allen voran das Wasser. Auch die Verminderung von Abfallstoffen gehört zu den strategischen Schwerpunkten bei Smart Farming.

Zu einem zentralen Thema entwickelt sich der Ersatz von Fleisch durch biotechnologische Verfahren. Die Erzeugung von Proteinen auf pflanzlicher Basis hat längst zu marktfähigen Produkten geführt. Dennoch steht dieser Sektor noch am Anfang. Lassen sich hier in Zukunft vom Konsumenten akzeptierte Lösungen entwickeln, dürfte der Rückbau der globalen Viehzucht eines der wichtigsten Mittel zur Reduzierung klimaschädlicher Abgase werden.