Apothekenstreik: Warum die Apotheker am 14. Juni protestieren

Wenn am heutigen Mittwoch mehr als die Hälfte der Apotheken in Deutschland geschlossen bleiben, ist das auch ein Protest gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung. Die Arzneimittelversorgung bleibt zwar aufrechterhalten – allerdings nur über Notdienstapotheken. Den Apothekenbetreibern geht es insbesondere um die gesundheitspolitischen Entscheidungen der Ampelkoalition, die sie als unzureichend und ungerecht empfinden. Ein Stimmungsbild.

In Bevölkerung und politischen Kreisen stößt der Protesttag auf unterschiedliche Reaktionen. Verständnis und Ablehnung der Schließungen halten sich bei politischen Parteien und Bürgern in etwa die Waage. Dem Hinweis auf die schwierige Lage der Apotheken durch die Befürworter steht der Vorwurf der Kritiker entgegen, die Apotheker handelten vor allem aus egoistischen Motiven. Eher negativ sehen die Betroffenen die Schließungen: Zwar schätzen viele Patienten die Arbeit der Apotheker und unterstützen ihren Protest. Doch mindestens ebenso viele sehen den Streik als unangemessen und unnötig an und befürchten negative Folgen für ihre Gesundheit.

Zahlreiche Forderungen der Apothekenbetreiber

In einem Zehn-Punkte-Forderungskatalog formulieren die Apotheker die Forderungen, die ihnen besonders auf den Nägeln brennen. Die wichtigsten sind:

  • Angemessene Honoraranpassung, die die steigenden Kosten und die Inflation berücksichtigt. Ein Ausgleich nach zehn Jahren ohne Honorarerhöhung sei längst fällig, nicht zuletzt, weil die Leistungen der Apotheken immer wichtiger und vielfältiger geworden sind.
  • Bessere Bekämpfung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln, die die Versorgungs- und die Patientensicherheit gefährden. Die Apotheker fordern von den Herstellern und Großhändlern mehr Transparenz und Verantwortung sowie eine stärkere Förderung der heimischen Produktion.
  • Ende der sogenannten Null-Retaxationen, bei denen die Krankenkassen den Apotheken die Erstattung für Arzneimittel verweigern, wenn diese nicht exakt den Rabattverträgen entsprechen. Das verursache unzumutbare finanzielle Belastungen und bedeute eine Einschränkung ihrer Therapiefreiheit.
  • Abbau von Bürokratie und unnötigen Vorschriften, die den Arbeitsalltag der Apotheken erschweren und Zeit kosten. Von der Politik wünschen sich die Apotheker mehr Vertrauen und Anerkennung.

Apotheken sehen sich wirtschaftlich unter Druck

Die wirtschaftliche Lage der Apotheken wird immer prekärer, so die Warnung der Apothekerverbände.  Schon heute stehen viele Apotheken vor dem Aus, und eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Seit 2010 ist die Zahl der öffentlichen Apotheken um mehr als 2.000 Betriebe gesunken. Übrig waren in Deutschland 2020 noch 18.753 Apotheken, das sind 2,4 Prozent weniger als im Vorjahr.

Auch der Umsatz der öffentlichen Apotheken ist im Jahr 2020 um 1,4 Prozent gesunken, während die Kosten um 3 Prozent gestiegen sind. Noch drastischer zeigt sich der Niedergang beim Gewinn: Er sank im gleichen Zeitraum um acht Prozent.

Der Protesttag soll auch auf das Missverhältnis zwischen Kosten und Nutzen aufmerksam machen. Der Anteil der öffentlichen Apotheken an den Gesamtausgaben für Arzneimittel liegt bei nur zwei Prozent. Die öffentlichen Apotheken tragen aber mit rund 90 Prozent zur Arzneimittelversorgung bei.

Weitere Schließung würden vor allem ländliche Regionen und sozial schwache Gebiete treffen, so die Apothekensprecher – genau da, wo die Versorgung mit Arzneimitteln und pharmazeutischen Dienstleistungen ohnehin schon schwierig ist.

Die Positionen der Parteien sind gespalten

Der Apotheken-Protesttag stößt bei den politischen Parteien auf unterschiedliche Reaktionen. So sieht die CDU/CSU die Schließungen eher kritisch. Als wichtige Partner im Gesundheitswesen hätten die Apotheker bereits in der Vergangenheit von verschiedenen Maßnahmen profitiert, die ihre Situation verbessert hätten, beispielsweise das E-Rezept, das Apothekenstärkungsgesetz und das Lieferengpass-Gesetz. Die Konservativen plädieren für einen Abbruch des Protesttags zugunsten eines Dialogs.

Die SPD zeigt sich offen für die Forderungen der Apotheker und kritisiert die Union für ihre Blockadehaltung. Sie fordert eine angemessene Honorarerhöhung für die Apotheker sowie eine bessere Versorgung in ländlichen Regionen. Auch sollen Apotheken stärker in Prävention und Impfungen eingebunden werden.

Die Grünen erklären sich solidarisch mit den Apothekern und loben ihre Leistungen während der Pandemie. Sie fordern eine faire Vergütung für die Apotheker sowie mehr Investitionen in die digitale Infrastruktur der Apotheken. Sie plädieren auch für mehr Nachhaltigkeit und Transparenz in der Arzneimittelversorgung.

Die FDP kritisiert den Protesttag als falschen Weg und warnt vor den Folgen für die Patienten. Sie lehnt eine pauschale Honorarerhöhung für die Apotheker ab und plädiert stattdessen für mehr Wettbewerb und Innovation in der Arzneimittelversorgung. Auch soll es mehr Freiheiten und Eigenverantwortung in den Apotheken geben.