Zwischen Boom und Krise: Die Camping-Branche muss sich neu erfinden

Die Corona-Pandemie veränderte die Reisegewohnheiten der Menschen grundlegend und führte zu einem regelrechten Boom in der Camping-Branche. Wohnmobile und Wohnwagen galten als perfekte Lösung für sicheres und flexibles Reisen in den unsicheren Zeiten. Händler konnten die Nachfrage kaum bewältigen, und die Produktionskapazitäten reichten oft nicht aus. Hersteller wie Knaus Tabbert erlebten Rekordjahre, während Händler nahezu jedes verfügbare Freizeitfahrzeug an den Mann bringen konnten.

Doch was damals nach einem stabilen Wachstumspfad aussah, hat sich inzwischen drastisch verändert. Die Euphorie hat einer ernüchternden Realität Platz gemacht.

Übervolle Lager und ein gesättigter Markt

Nach Jahren des Rekordwachstums zeigt die Caravaning-Branche klare Anzeichen von Schwäche. Händler berichten von vollen Lagern, da die Nachfrage spürbar zurückgegangen ist. Die wirtschaftliche Unsicherheit und der gesättigte Markt tragen maßgeblich zu dieser Entwicklung bei. Wer in den letzten Jahren ein Freizeitfahrzeug erworben hat, hat oft keinen kurzfristigen Bedarf an einem neuen Modell.

Eine Umfrage der GSR Unternehmensberatung verdeutlicht die Herausforderungen: 71 Prozent der Händler sehen das Bestandsmanagement als ihre größte Hürde an. Die Konsequenzen sind spürbar, insbesondere bei Wohnwagen, wo die Neuzulassungen im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig sind. Wohnmobile hingegen verzeichnen zwar ein leichtes Plus von zehn Prozent, doch die Händlerstimmung bleibt gedämpft.

Hersteller unter Druck: Produktionspausen und Gewinneinbrüche

Die Probleme der Händler schlagen direkt auf die Hersteller durch. Knaus Tabbert, einer der führenden Anbieter der Branche, musste seine Produktion an Standorten in Bayern und Ungarn vorübergehend aussetzen. Kurzarbeit, sinkende Gewinne und ein um ein Drittel eingebrochener Aktienkurs unterstreichen die angespannte Lage. Andere Hersteller kämpfen mit ähnlichen Schwierigkeiten, besonders diejenigen, die während des Booms ihre Produktionskapazitäten erheblich ausgeweitet haben. Jetzt fehlen die Aufträge, um diese Kosten zu decken.

Die Insolvenzmeldungen mehren sich. Unternehmen wie „Auto & Freizeit Nord GmbH“ oder „roadfans“ sind Beispiele dafür, wie schwer die aktuelle Lage insbesondere kleinere Anbieter trifft.

Die Gründe: Wirtschaftliche Unsicherheiten und strategische Fehler

Die Herausforderungen der Branche sind vielfältig. Neben einem gesättigten Markt machen steigende Zinsen, hohe Fahrzeugpreise und wirtschaftliche Unsicherheiten den Akteuren zu schaffen. Markus Dickhardt, CEO des Vermietungsanbieters „roadsurfer“, betont die Komplexität des Geschäftsmodells. Viele Unternehmen hätten die steigenden Kosten und die Bedeutung eines soliden finanziellen Fundaments unterschätzt. Hinzu komme, dass Kunden heute mehr als nur ein gutes Produkt erwarten. Markenbindung und eine herausragende Customer Experience sind entscheidend für langfristigen Erfolg.

Verhaltener Optimismus

Trotz der gegenwärtigen Schwierigkeiten gibt es auch positive Signale. Laut einer Umfrage des Caravaning Industrie-Verbandes interessieren sich weiterhin rund 14 Millionen Deutsche für Campingurlaube. Besonders die jüngere Zielgruppe unter 40 Jahren zeigt großes Interesse an dieser Art des Reisens. Dies bietet der Branche eine wichtige Basis für langfristige Stabilität.

Kurzfristig könnten Marktkonsolidierungen und ein gezielter Lagerabbau bei Händlern zur Entspannung der Situation beitragen. Tatsächlich zeigt sich ein leichter Optimismus: Nur noch 21 Prozent der Händler rechnen mit einem weiteren Rückgang der Verkäufe, und 12 Prozent erwarten sogar ein Wachstum.

Die Zukunft der Caravaning-Branche

Marktexperten betonen die Notwendigkeit, auf eine differenzierte Zielgruppenansprache und innovative Finanzierungsmodelle zu setzen. Händler könnten beispielsweise durch flexible Leasing- oder Mietangebote neue Kunden gewinnen, während Hersteller stärker auf digitale Lösungen und eine verbesserte Produktionssteuerung setzen sollten.

Die Konsolidierung des Marktes könnte dazu führen, dass etablierte Anbieter ihre Marktposition stärken, während weniger stabile Unternehmen aus dem Wettbewerb ausscheiden. Gleichzeitig bleibt es für alle Akteure wichtig, sich auf die veränderten Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden einzustellen.