Temu und Shein ruinieren mit Dauerniedrigpreisen den Black Friday

Der Black Friday hat sich von einem amerikanischen Shopping-Phänomen zu einem globalen Verkaufsereignis entwickelt. Ursprünglich markierte dieser Tag in den USA den Start ins Weihnachtsgeschäft, nachdem Thanksgiving gefeiert wurde. In Deutschland gewann der Aktionstag seit 2013 zunehmend an Bedeutung, sowohl im stationären Handel als auch online. Doch der ursprüngliche Reiz des Black Friday verblasst. Immer mehr Konsumenten wenden sich alternativen Plattformen wie Temu oder Shein zu, die das ganze Jahr über mit Niedrigpreisen locken. Diese Entwicklung stellt nicht nur die traditionellen Einzelhändler vor Herausforderungen, sondern auch den Aktionstag selbst.

Auf den ersten Blick erscheint Temu wie ein Paradies für Schnäppchenjäger. Rabatte von bis zu 90 Prozent und ein scheinbar endloses Angebot – von Küchenutensilien bis hin zu modischen Accessoires – machen die chinesische Plattform zu einem Magneten für preisbewusste Verbraucher. Hinter Temu steht der E-Commerce-Riese Pinduoduo, ein Unternehmen, das seit 2015 den chinesischen Markt revolutioniert hat. Die Plattform unterscheidet sich grundlegend von westlichen Konkurrenten wie Amazon. Temu setzt stark auf eine App-basierte Nutzung, bei der Kunden durch Angebote scrollen, ähnlich wie in sozialen Netzwerken. Gezielt eingesetzte Spiele und Gutscheine animieren zu impulsiven Käufen.

Die Kehrseite der Billigangebote

Die extrem niedrigen Preise bei Temu werfen jedoch zahlreiche Fragen auf. Fast alle Produkte stammen aus China und werden direkt vom Hersteller verschickt. Dadurch entfallen Lagerhaltungskosten und Zwischenhändler. Hinzu kommt, dass für Waren unter 150 Euro kein Zoll anfällt, was zusätzliche Ersparnisse ermöglicht. Doch die Qualität der Produkte bleibt oft fragwürdig. Verbraucherschützer warnen vor Sicherheitsmängeln, insbesondere bei Elektroartikeln oder Spielzeug, die nicht den EU-Normen entsprechen. Kritisch ist auch die Nachhaltigkeit: Viele der Artikel gehen schneller kaputt und werden einzeln per Luftfracht geliefert, was die Umweltbilanz erheblich belastet.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Umgang mit personenbezogenen Daten. Die Temu-App fordert weitreichende Berechtigungen, einschließlich Zugriff auf Fotos, Videos und WLAN-Daten. Laut Experten birgt dies erhebliche Datenschutzrisiken. Plattformen wie das „c’t Magazin“ raten dazu, auf die App zu verzichten und stattdessen über die Website einzukaufen. Auch bei Rücksendungen berichten viele Nutzer von Problemen. Obwohl Temu mit einer 90-Tage-Rückgabegarantie wirbt, gestaltet sich die Rückerstattung des Kaufpreises oft schwierig.

Black Friday: Vom Höhepunkt zum Alltag?

Die Dominanz von Plattformen wie Temu und Shein beeinflusst den Black Friday erheblich. Die Idee eines einzigen Tages mit exklusiven Angeboten verliert an Bedeutung, wenn Händler wie Temu ständig vergleichbare Rabatte bieten. Für viele Verbraucher ist der Black Friday nicht mehr der Höhepunkt des Jahres, sondern eine von vielen Gelegenheiten, günstig einzukaufen. Diese Entwicklung macht sich auch in der Marketingstrategie der Unternehmen bemerkbar.

Temu und Shein investieren massiv in Online-Marketing, insbesondere in Keyword-Werbung. Durch aggressives Bieten auf Keywords wie „Black Friday Deals“ treiben sie die Kosten für andere Händler in die Höhe. So wird es für Konkurrenten teurer, in den Suchergebnissen präsent zu sein. Daten zeigen, dass sich die Kosten pro Klick in einigen Fällen vervielfacht haben. Dies zwingt traditionelle Händler, ihre Marketingbudgets neu zu verteilen, etwa auf soziale Medien oder Influencer-Kampagnen.

Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung

Während Temu behauptet, CO2-Emissionen zu kompensieren und soziale Verantwortung zu übernehmen, bleibt dies schwer überprüfbar. Die massenhafte Werbung mit Gutscheinen und Rabatten verleitet Kunden dazu, mehr zu kaufen, als sie benötigen – ein Verhalten, das weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll ist. Experten kritisieren, dass Nachhaltigkeit und soziale Aspekte bei Temu oft nur als Marketinginstrument dienen.

Herausforderungen für den deutschen Einzelhandel

Die Präsenz von Plattformen wie Temu und Shein übt enormen Druck auf den deutschen Einzelhandel aus. Insbesondere kleinere Händler, die sich keine teuren Werbekampagnen leisten können, geraten ins Hintertreffen. Der Black Friday, einst als wichtiger Umsatztreiber gefeiert, verliert an Strahlkraft, da Verbraucher zunehmend das ganze Jahr über günstige Angebote erwarten.

Die wachsende Beliebtheit von Plattformen wie Temu zeigt, wie sich das Einkaufsverhalten der Verbraucher verändert. Während Schnäppchenjäger von den günstigen Preisen profitieren, werfen Themen wie Qualität, Nachhaltigkeit und Datenschutz Schatten auf das Geschäftsmodell. Der Black Friday läuft Gefahr, seinen ursprünglichen Reiz in einer Welt der ständigen Rabatte zu bewahren. Für den Einzelhandel bedeutet dies, innovative Strategien zu entwickeln, um in einem zunehmend globalisierten und digitalisierten Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.