Rolls-Royce setzt auf Energie für das KI-Zeitalter
Während sich die globale Wirtschaft auf künstliche Intelligenz konzentriert, arbeitet Rolls-Royce an einem Thema, das im Hintergrund über Erfolg oder Misserfolg dieser Technologie entscheiden wird: die Energieversorgung. Denn die Rechenzentren, die das Fundament von KI-Anwendungen bilden, benötigen gewaltige Mengen an Strom. Mit einer Entwicklung, die derzeit in der Branche für Aufsehen sorgt, verschiebt Rolls-Royce die Grenzen dessen, was in puncto Reaktionsgeschwindigkeit und Leistung möglich ist. Die neuen mtu-Gasgeneratoren liefern bis zu 2,8 Megawatt Leistung, und das in nur 45 Sekunden. Damit reagiert das System deutlich schneller als herkömmliche Modelle, die bislang bis zu zwei Minuten für den Hochlauf benötigten.
Ab 2026 sollen diese Schnellstart-Generatoren für den sogenannten 60-Hertz-Markt bereitstehen, insbesondere in Regionen wie Nordamerika. Neben der extrem kurzen Startzeit wurde auch die Leistung um rund zehn Prozent erhöht. Zudem verzichtet das neue Design vollständig auf Getriebe, was Platz spart und die Wartung vereinfacht.
Bereits heute sind Varianten mit 120-Sekunden-Start weltweit im Einsatz. Rolls-Royce will mit dem neuen Modell nun die nächste Generation energieeffizienter Anlagen auf den Markt bringen.
Rechenzentren als Wachstumsmotor
Kaum ein Sektor expandiert derzeit so schnell wie die Datacenter-Branche. Studien gehen davon aus, dass sich der Energieverbrauch dieser Anlagen bis 2030 verdoppeln wird. Kevin McKinney, Vice President Powergen Sales Americas bei Rolls-Royce, sieht darin einen entscheidenden Treiber: „Erdgas wird die wachsende Energieanforderungen von KI-Rechenzentren zunehmend decken, insbesondere in Nordamerika, wo es relativ günstig und leicht verfügbar ist.“
Die neuen mtu-Systeme sind vielseitig einsetzbar. Sie dienen nicht nur als Notstromaggregate, sondern können auch zur Grundlastversorgung und Netzstabilisierung in Spitzenzeiten beitragen. Überschüssige Energie lässt sich zudem ins öffentliche Netz einspeisen – ein Ansatz, der neben Versorgungssicherheit auch zusätzliche Einnahmequellen eröffnet.
Verbindung von Effizienz und Nachhaltigkeit
Ein wichtiger Teil der Strategie liegt in der Verbindung von Leistung und Umweltverträglichkeit. Die neuen Gasmotoren sind bereits heute in der Lage, Biogas oder Biomethan zu nutzen. In künftigen Ausbaustufen soll auch Wasserstoff als Energieträger möglich sein. Damit reagiert das Unternehmen sowohl auf wachsende regulatorische Anforderungen als auch auf das zunehmende Interesse von Kunden an klimafreundlichen Energieoptionen.
Mit inzwischen mehr als 500 installierten mtu-Gasgeneratoren allein in Großbritannien hat Rolls-Royce bewiesen, dass sich moderne Energietechnik und nachhaltige Konzepte wirtschaftlich kombinieren lassen. Tobias Ostermaier, President Stationary Power Solutions, kündigte an, das Portfolio weiter auszubauen und gezielt in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Strategischer Umbau unter Jörg Stratmann
Eine zentrale Rolle beim Umbau spielt CEO der Rolls-Royce Power Systems Jörg Stratmann, der das Unternehmen konsequent auf technologisches Wachstum und operative Stärke ausrichtet. Unter seiner Leitung zeigt sich besonders die Power-Systems-Sparte als Wachstumstreiber.
Ein Beispiel dafür ist der jüngste Großauftrag aus Litauen, bei dem Rolls-Royce Batteriespeicher der Marke MTU Energypack liefert. Mit einer Gesamtkapazität von über 580 Megawattstunden sollen die Systeme ab 2027 das nationale Stromnetz stabilisieren und die Integration erneuerbarer Energien unterstützen. Es ist das bislang größte Speicherprojekt in der Unternehmensgeschichte und steht exemplarisch für die strategische Neuausrichtung.
Nach der Rally: Konsolidierung auf hohem Niveau
Nach einer außergewöhnlichen Kursentwicklung – die Aktie hat seit Jahresbeginn um rund 90 Prozent zugelegt – befindet sich das Unternehmen nun in einer Phase der Konsolidierung. Diese Bewegung wird weniger als Reaktion auf operative Risiken interpretiert, sondern vielmehr als Ergebnis von Gewinnmitnahmen nach einer längeren Aufwärtsphase.
Trotz dieser temporären Ruhephase bleibt das Fundament solide. Der Konzern profitiert von einer klaren Strategie, technologischer Innovationskraft und einer wachsenden Rolle im globalen Energiemarkt.
Rolls-Royce hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass technologische Anpassungsfähigkeit über traditionelle Geschäftsgrenzen hinausreichen kann. Die Kombination aus Gasgeneratoren für Rechenzentren und den Fortschritten bei modularer Kernenergie verschafft dem Unternehmen eine einzigartige Position: Es liefert die Energie, auf der die nächste Stufe der Digitalisierung aufbauen kann. Die neuen mtu-Gasgeneratoren zeigen, wie technologische Innovation auf konkrete Marktbedürfnisse trifft.