Olaf Scholz will Mehrwertsteuer für Lebensmittel senken

Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit seinem Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu senken, eine Diskussion über die finanzielle Entlastung der deutschen Bevölkerung angestoßen. Der Vorstoß kommt zu einem interessanten Zeitpunkt, da Scholz sich unmittelbar vor einer Abstimmung über die Vertrauensfrage befindet, die über sein politisches Schicksal entscheiden könnte.

Der Vorschlag im Detail: Mehrwertsteuer von 7 auf 5 Prozent

Scholz schlägt vor, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Grundnahrungsmittel von 7 auf 5 Prozent zu senken. Dies solle vor allem Haushalte mit geringem Einkommen entlasten. „Das würde vielen helfen, die wenig verdienen, und für den Bundeshaushalt wäre es keine übermäßige Belastung“, erklärte der Kanzler in einem Interview mit der ARD. Die Maßnahme ziele darauf ab, den Menschen eine spürbare Entlastung beim Einkauf alltäglicher Produkte zu bieten.

Obwohl die Inflationsrate zuletzt leicht gesunken ist, bleiben Lebensmittelpreise für viele Verbraucher eine Herausforderung. Besonders für jene, die mit begrenztem Budget kalkulieren müssen, seien die finanziellen Belastungen weiterhin hoch, betonte Scholz. Er stellte klar, dass es sich um eine „überschaubare“ Maßnahme handle, die unmittelbare Wirkung zeigen solle.

Was bedeutet das für Verbraucher?

Die Ersparnis durch eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes scheint auf den ersten Blick gering. Zum Beispiel würde der Preis für ein 250-Gramm-Stück Butter von 2,39 Euro auf 2,35 Euro sinken, was einer Ersparnis von 4 Cent entspricht. Bei einem Liter Vollmilch wären es 2 Cent weniger, nämlich 1,03 Euro statt 1,05 Euro. Die konkrete Entlastung hängt also davon ab, wie viele Grundnahrungsmittel ein Haushalt regelmäßig kauft.

Trotz der scheinbar geringen Beträge argumentiert Scholz, dass die Maßnahme im Alltag spürbar sei. Die Inflation mag insgesamt zurückgegangen sein, doch für Verbraucher, die beim Einkaufen jeden Cent umdrehen müssen, seien die Preise weiterhin belastend.

Kritik an Scholz’ Vorstoß

Der Vorschlag stößt jedoch nicht überall auf Zustimmung. Mathias Middelberg, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, bezeichnete die Initiative als „billigen Wahlkampfköder“. Er bemängelte, dass eine solche breite Entlastung hohe Kosten für den Staat verursache, ohne gezielt denjenigen zu helfen, die es am dringendsten bräuchten. Stattdessen plädierte Middelberg für eine gezielte Entlastung von Geringverdienern, beispielsweise durch Steuer- und Sozialabgabensenkungen. Solche Maßnahmen würden aus seiner Sicht nachhaltiger wirken und Anreize für Arbeit schaffen.

Ein weiteres Argument der Kritiker ist die Frage, ob die Steuersenkung tatsächlich bei den Verbrauchern ankommt. Es besteht die Sorge, dass Supermärkte und Einzelhändler die Ersparnis nicht vollständig weitergeben und stattdessen die Preise stabil halten könnten.

Die politische Dimension: Mehrwertsteuersenkung als Vertrauensbeweis?

Die Diskussion über die Mehrwertsteuersenkung fällt mit einem entscheidenden Moment in Scholz’ Kanzlerschaft zusammen. Am 11. Dezember stellt er sich einer Vertrauensabstimmung im Bundestag. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition verfügt die Regierung nicht mehr über eine Mehrheit. Sollte Scholz die Abstimmung verlieren, wäre er nur noch geschäftsführend im Amt, bis Neuwahlen am 23. Februar 2025 stattfinden.

Der Zeitpunkt des Vorschlags wird daher von einigen als politisches Kalkül gesehen, um Zustimmung in der Bevölkerung zu gewinnen. Die Maßnahme könnte als Signal verstanden werden, dass Scholz die Sorgen der Menschen ernst nimmt und handeln will.

Gastronomie bleibt außen vor

Eine Ausweitung der Maßnahme auf die Gastronomie lehnte Scholz jedoch ab. Auf die Frage, ob auch der Mehrwertsteuersatz für Restaurants gesenkt werden sollte, antwortete er ausweichend. Er betonte, dass es zunächst darum gehe, „etwas sehr überschaubares“ zu tun, das unmittelbar Wirkung zeige.

Die Gastronomie hatte während der Corona-Pandemie von einer temporären Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf 7 Prozent profitiert, die jedoch Anfang des Jahres wieder auf 19 Prozent angehoben wurde. Diese Entscheidung stieß in der Branche auf breite Kritik und Proteste. Scholz’ Zurückhaltung in diesem Bereich dürfte daher erneut für Unmut sorgen.

Wirtschaftliche Hintergründe: Inflation und Kaufkraft

Im November lagen die Verbraucherpreise in Deutschland 2,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, nach 2,0 Prozent im Oktober. Die Inflation ist damit zwar niedriger als in den Spitzenzeiten 2022, als sie nahezu neun Prozent erreichte, bleibt jedoch ein zentrales Thema für viele Haushalte. Besonders betroffen sind weiterhin Energie und Lebensmittel, deren Preise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine stark angestiegen waren.

Die hohen Teuerungsraten haben die Kaufkraft der Verbraucher erheblich geschwächt. Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel könnte daher zumindest einen kleinen Ausgleich schaffen, auch wenn sie das grundsätzliche Problem nicht löst.