Nur ein Drittel der Deutschen hat seinen Nachlass geregelt
Die Themen Testament und digitaler Nachlass sind eng miteinander verwoben, werden jedoch oft stiefmütterlich behandelt. Obwohl die Errichtung eines Testaments weder teuer noch kompliziert ist, kümmern sich viele Deutsche erst spät darum. Ebenso vernachlässigen viele Menschen die Regelung ihres digitalen Erbes – ein Aspekt, der durch die zunehmende Digitalisierung immer relevanter wird.
Nur etwa 31 Prozent der volljährigen Deutschen haben laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag des Deutschen Forums für Erbrecht ein Testament oder einen Erbvertrag aufgesetzt. Dabei steigt die Bereitschaft, sich mit dem eigenen Nachlass auseinanderzusetzen, mit dem Alter. In der Gruppe der Über-60-Jährigen haben fast 60 Prozent ein entsprechendes Dokument erstellt. Bei jüngeren Menschen zwischen 18 und 29 Jahren liegt dieser Anteil hingegen bei gerade einmal drei Prozent.
Milan Bayram von der Bundesnotarkammer betont, dass es keinen falschen Zeitpunkt gibt, um sich Gedanken über den Nachlass zu machen. Ohne Testament oder Erbvertrag greift die gesetzliche Erbfolge – eine Regelung, die nicht immer den eigenen Wünschen entspricht. Dabei ist die Erstellung eines Testaments relativ einfach: Es reicht aus, den letzten Willen handschriftlich niederzuschreiben und zu unterschreiben. Wer jedoch maximale Rechtssicherheit wünscht, kann einen Notar hinzuziehen, der auch einen Erbvertrag beurkunden kann.
Die Kosten für notarielle Dienstleistungen richten sich nach dem zu vererbenden Vermögen. Bei einem Vermögen von 250.000 Euro beispielsweise beträgt die Beurkundungsgebühr für ein Testament etwa 535 Euro zuzüglich Umsatzsteuer und Auslagen.
Der digitale Nachlass: Eine wachsende Herausforderung
Neben dem klassischen Nachlass wird der digitale Nachlass immer bedeutsamer. Unsere E-Mail-Konten, Social-Media-Profile, Streaming-Abos oder Krypto-Wallets hinterlassen nach dem Tod oft ein schwer überschaubares Erbe. Da es in Deutschland und Österreich keine expliziten gesetzlichen Regelungen gibt, treten die Erben in die Gesamtrechtsnachfolge ein – mit allen Rechten und Pflichten. Ohne eine klare Regelung müssen sich die Hinterbliebenen oft wie Detektive durch den digitalen Nachlass arbeiten.
Eine systematische Vorgehensweise ist entscheidend, um Klarheit zu schaffen. Ein erster Schritt ist die Erstellung einer Liste, die alle Online-Accounts, Profile und Mitgliedschaften enthält – inklusive Benutzername und Passwort. Diese Liste sollte regelmäßig aktualisiert werden. Zusätzlich empfiehlt es sich, auch Geräte wie Smartphones, Fitness-Tracker oder Smart-Home-Systeme einzubeziehen.
Diese Liste kann entweder auf Papier, einem USB-Stick oder in einem Passwortmanager gespeichert werden. Wichtig ist, dass sie an einem sicheren Ort aufbewahrt wird. Eine Vertrauensperson sollte im Vorfeld benannt werden, die im Todesfall Zugriff auf die Informationen erhält.
Regelungen für Social Media und andere Online-Dienste
Die großen Plattformen wie Facebook und Apple bieten inzwischen Optionen an, um den digitalen Nachlass zu regeln. Bei Facebook kann ein Nachlasskontakt bestimmt werden, der das Konto nach dem Tod verwaltet. Alternativ kann festgelegt werden, dass das Konto gelöscht oder in einen Gedenkzustand versetzt wird. Ohne entsprechende Vorkehrungen verfällt das Konto automatisch in diesen Modus.
Apple ermöglicht ebenfalls die Einrichtung eines Nachlasskontakts. Hierzu wird ein Schlüssel generiert, der mit einer Vertrauensperson geteilt werden muss. Diese Person kann dann nach dem Tod Zugang zu iCloud-Daten erhalten.
Rechtliche Entwicklungen: Entscheidungen des BGH
Die rechtliche Gleichstellung des digitalen und analogen Nachlasses wurde durch ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vorangetrieben. Eltern, die Zugriff auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter verlangten, bekamen Recht: Der BGH entschied, dass Verträge über digitale Dienstleistungen vererbbar sind. Diese Entscheidung hat eine wichtige Grundlage geschaffen, um Klarheit im Umgang mit dem digitalen Nachlass zu schaffen.
Frühzeitig handeln und Belastungen vermeiden
Die Regelung des Nachlasses – sowohl im klassischen als auch im digitalen Bereich – ist essenziell, um Erben vor großen Herausforderungen zu bewahren. Ob durch ein Testament oder durch die Erstellung einer Übersicht über digitale Konten: Jeder kann frühzeitig sicherstellen, dass der eigene Wille nach dem Tod respektiert wird. Werden solche Vorkehrungen getroffen, profitieren nicht nur die Hinterbliebenen, sondern auch der Verstorbene kann sicher sein, dass sein Erbe – ob materiell oder digital – in geordneten Bahnen weitergeführt wird.