Neues Gesetz zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung gebilligt

Der Bundesrat hat die Honorarobergrenzen für Hausärzte aufgehoben. Diese Maßnahme, die Teil des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) ist, zielt darauf ab, die ambulante medizinische Versorgung nachhaltig zu verbessern und die Attraktivität des Hausarztberufs zu erhöhen. Mit dem neuen Gesetz entfällt die bisherige Budgetierung der Vergütung für hausärztliche Leistungen. Bislang konnten Ärzte nur eine begrenzte Anzahl an Behandlungen abrechnen, wodurch zusätzliche Leistungen oft unbezahlt blieben. Dies hat insbesondere in strukturschwachen Regionen und sozial benachteiligten Stadtvierteln zu einer Unterversorgung geführt.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hebt hervor, dass die Abschaffung dieser Honorarobergrenzen nicht nur eine finanzielle Verbesserung für Hausärzte bedeutet, sondern auch den Zugang zu hausärztlichen Leistungen erleichtert. Gesetzlich Versicherte könnten künftig einfacher Termine erhalten, da die Mediziner nun auch wirtschaftlich dazu motiviert sind, weitere Patienten aufzunehmen.

Anreize für den medizinischen Nachwuchs

Einer der wichtigsten Aspekte des Gesetzes ist die Erhöhung der Attraktivität des Berufsbildes für junge Mediziner. Barbara Römer, Vorsitzende des Hausärzteverbands Rheinland-Pfalz, sieht in der Reform ein positives Signal für angehende Hausärzte. Die bisherige Unsicherheit hinsichtlich der Vergütung hatte viele Absolventen davon abgehalten, eine eigene Praxis zu eröffnen. Mit der neuen Regelung wird es angehenden Hausärzten erleichtert, sich für diesen Karriereweg zu entscheiden, da die finanzielle Planungssicherheit verbessert wird. Dies könnte insbesondere zur Schließung der aktuell rund 5.000 unbesetzten Hausarztstellen in Deutschland beitragen.

Neue Pauschalen zur Verbesserung der Versorgung

Neben der Aufhebung der Budgetierung beinhaltet das GVSG auch neue finanzielle Anreize in Form von Pauschalen. Die sogenannte Versorgungspauschale soll dazu beitragen, dass Patienten mit leichten chronischen Erkrankungen nicht mehr zwingend jedes Quartal einen Termin wahrnehmen müssen.

Darüber hinaus wurde eine Vorhaltepauschale eingeführt, die speziell Praxen honoriert, die sich durch ein breites Versorgungsangebot auszeichnen. Dazu gehören unter anderem Hausbesuche, die Behandlung von Pflegeheimbewohnern oder erweiterte Sprechstundenzeiten. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass auch in strukturschwachen Regionen weiterhin eine ausreichende hausärztliche Versorgung gewährleistet ist.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Gesetzes ist die Förderung der ambulanten Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Die neuen Regelungen erleichtern schwerkranken Patienten und Menschen mit Behinderungen den Zugang zu notwendigen medizinischen Hilfsmitteln. Hierzu werden Bewilligungsverfahren vereinfacht und beschleunigt. Dies soll insbesondere für Patienten, die in Sozialpädiatrischen Zentren oder Medizinischen Zentren für Erwachsene mit Behinderung behandelt werden, erhebliche Verbesserungen bringen.

Erweiterung des Anspruchs auf Verhütungsmittel

Eine weitere Neuerung des Gesetzes betrifft den Zugang zu bestimmten Verhütungsmitteln. Bislang konnten Opfer sexueller Gewalt die Kosten für Notfallverhütungsmittel nur bis zum Alter von 23 Jahren erstattet bekommen. Diese Altersgrenze entfällt nun, sodass Betroffene unabhängig vom Alter einen kostenlosen Zugang zur „Pille danach“ erhalten. Diese Maßnahme wird von Gesundheitsexperten als bedeutender Fortschritt im Bereich der medizinischen und sozialen Versorgung angesehen.

Kritik und Forderungen nach Nachbesserungen

Obwohl das neue Gesetz grundsätzlich auf breite Zustimmung trifft, gibt es auch kritische Stimmen. Einige Bundesländer, darunter Baden-Württemberg und Brandenburg, bemängeln, dass zentrale Aspekte der ursprünglichen Reform gestrichen wurden. Insbesondere die von Lauterbach geplanten Gesundheitskioske und Primärversorgungszentren fanden keinen Eingang in das finale Gesetzespaket. Diese Einrichtungen sollten gerade in unterversorgten Regionen als erste Anlaufstelle für Patienten dienen und so das Gesundheitssystem entlasten.

Brandenburgs Gesundheitsministerin Britta Müller bedauerte, dass innovative Ansätze zur besseren Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung nicht umgesetzt wurden. Auch Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha kritisierte, dass von der ursprünglichen Gesetzesinitiative nicht mehr viel übrig geblieben sei.

Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz bringt wesentliche Verbesserungen für Hausärzte und Patienten. Durch die Entbudgetierung der hausärztlichen Vergütung, die Einführung neuer Pauschalen und den verbesserten Zugang zu psychischen und medizinischen Hilfsmitteln wird die ambulante Versorgung gestärkt. Gleichzeitig bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Streichung weiterer geplanter Reformmaßnahmen langfristig auf die Patientenversorgung auswirken wird.

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