Methanol als Schlüssel zur klimaneutralen Schifffahrt – Rolls-Royce Power Systems gelingt technischer Durchbruch
Rolls-Royce hat einen wichtigen Meilenstein bei der Entwicklung alternativer Antriebssysteme erreicht. Im Rahmen des Forschungsprojekts meOHmare wurde erstmals ein schnelllaufender Schiffsmotor erfolgreich getestet, der vollständig mit Methanol betrieben wird. Damit präsentiert das Unternehmen eine technologische Lösung, die den Übergang zu klimaneutralen Antriebssystemen im maritimen Sektor voranbringen soll.
Der Methanolmotor von Rolls-Royce Power Systems gilt als der erste seiner Leistungsklasse, der ohne fossile Brennstoffe auskommt. Mit einer Leistung von rund 2.000 Kilowatt bietet er dieselbe Dynamik wie herkömmliche Motoren, verursacht aber deutlich geringere Emissionen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und vereint die Expertise von Rolls-Royce, dem Einspritzspezialisten Woodward L’Orange und dem Technologie- und Forschungszentrum WTZ Roßlau. Ziel ist es, bis Ende 2025 ein voll funktionsfähiges Konzept für einen CO₂-neutralen Schiffsmotor auf Basis von grünem Methanol vorzulegen.
Methanol gilt in der Branche als einer der realistischsten alternativen Treibstoffe, weil er sich technisch vergleichsweise einfach handhaben lässt und sich in bestehende Logistikstrukturen integrieren kann. Während Wasserstoff oder Ammoniak extreme Bedingungen bei Transport und Lagerung erfordern, bleibt Methanol bei Umgebungstemperatur flüssig und lässt sich über vorhandene Tanksysteme bunkern.
Eigenschaften und Vorteile des Kraftstoffs
Grünes Methanol wird entweder durch die Kombination von CO₂ und Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen oder durch die Nutzung biogener Reststoffe hergestellt. Dadurch ist der Brennstoff bilanziell CO₂-neutral: Das Kohlendioxid, das bei der Verbrennung entsteht, entspricht der Menge, die zuvor aus der Atmosphäre entnommen wurde. Zusätzlich verursacht Methanol im Vergleich zu Diesel deutlich geringere Emissionen von Schwefel- und Stickoxiden sowie Feinstaub.
Auch in puncto Sicherheit und Umweltverträglichkeit bietet Methanol Vorteile. Es ist biologisch abbaubar, wasserlöslich und weist ein geringeres Explosionsrisiko auf als Flüssiggas oder Wasserstoff. Damit gilt es als praxistauglicher Hebel zur Dekarbonisierung der Schifffahrt, ohne aufwendige neue Tankinfrastrukturen oder tiefgekühlte Lagerung.
Technische Herausforderungen und Entwicklungsarbeit
Die Entwicklung eines Methanolmotors stellt Ingenieure dennoch vor komplexe Aufgaben. Methanol unterscheidet sich deutlich von Diesel, da es nicht selbstzündend ist und eine geringere Energiedichte aufweist. Daher kann es nicht ohne Anpassung in bestehenden Motoren verwendet werden. Rolls-Royce hat deshalb das Brennverfahren, die Einspritzung und die Turboaufladung vollständig neu konzipiert.
Da Methanol geringere Schmierfähigkeit besitzt, mussten neue Injektoren entwickelt werden, die präzise dosieren und langlebig arbeiten. Ziel ist ein homogenes Luft-Kraftstoff-Gemisch, das an der Zündkerze sauber und effizient verbrennt. Die Turboaufladung wurde speziell auf diese Anforderungen abgestimmt, um eine gleichmäßige Leistungsentfaltung über das gesamte Drehzahlband zu ermöglichen. Nach Angaben der Entwickler läuft der Motor inzwischen stabil; das Feintuning konzentriert sich nun auf die Optimierung der Beschleunigung und die Reduktion von Restemissionen.
Dual-Fuel-Systeme als Übergangslösung
Da die globale Versorgung mit grünem Methanol derzeit noch begrenzt ist, arbeitet Rolls-Royce parallel an sogenannten Dual-Fuel-Systemen. Diese Antriebe können sowohl mit Diesel als auch mit Methanol betrieben werden. Sie sollen den Betreibern ermöglichen, den Anteil klimafreundlicher Treibstoffe schrittweise zu erhöhen, bis Methanol flächendeckend verfügbar ist.
Für viele Schiffstypen – insbesondere Fähren, Yachten und Versorgungsschiffe – gilt Methanol als praktikable Option, weil die Reichweite und Energiedichte ausreichen, ohne die baulichen Anforderungen der Schiffe stark zu verändern. Der Umstieg kann somit in Etappen erfolgen, ohne dass komplette Antriebssysteme ersetzt werden müssen.
Industrie und Politik gefordert
Während die technische Entwicklung bereits weit fortgeschritten ist, bleibt der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur entscheidend. Noch existieren nur wenige Produktionsstätten für grünes Methanol, und die Bunkerversorgung in Häfen steckt in den Anfängen. Die maritime Industrie fordert daher von der Politik verlässliche Rahmenbedingungen, um Investitionen in Produktion und Logistik abzusichern.
Rolls-Royce sieht Methanol als wesentlichen Bestandteil seiner strategischen Neuausrichtung. Das Unternehmen verfolgt im Rahmen seines Transformationsprogramms die Zielsetzung, den CO₂-Ausstoß seiner Produkte signifikant zu reduzieren und das Marinegeschäft mit nachhaltigen Technologien auszubauen. Methanolmotoren sollen künftig einen zentralen Beitrag dazu leisten.
CEO Jörg Stratmann über die Bedeutung für die Branche
„Das ist eine echte Weltneuheit“, sagt Jörg Stratmann, CEO der Rolls-Royce Power Systems AG. Mit dem erfolgreichen Test des Methanolmotors setzt Rolls-Royce ein deutliches Signal an die Schifffahrtsindustrie: Klimafreundliche Antriebe lassen sich auch auf Basis bewährter Verbrennungstechnologien realisieren. Damit entsteht eine Brücke zwischen konventioneller Technik und nachhaltiger Energieversorgung.
Grünes Methanol verbindet ökologische Vorteile mit einer relativ einfachen Integration in bestehende Systeme – ein Faktor, der den Übergang zur Dekarbonisierung beschleunigen könnte. Die erfolgreiche Erprobung zeigt, dass der maritime Sektor nicht ausschließlich auf Brennstoffzellen oder Elektrosysteme angewiesen ist, um die Klimaziele zu erreichen.
Bis Ende 2025 sollen die Entwicklungsarbeiten abgeschlossen sein. Danach ist die Überführung in den praktischen Schiffsbetrieb geplant. Die bisherigen Ergebnisse lassen erwarten, dass Methanolmotoren künftig zu einem festen Bestandteil des maritimen Energiemixes werden.