Ifo-Umfrage zeigt: Stopp der Neueinstellungen in Unternehmen steigt immer weiter

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland hat die Unternehmen dazu veranlasst, ihre Personalstrategien grundlegend zu überdenken. Der Arbeitsmarkt spiegelt zunehmend die Unsicherheiten wider, die durch Konjunkturflauten, steigende Energiekosten und anhaltende Lieferkettenprobleme verursacht werden. Eine aktuelle Umfrage des Münchner ifo-Instituts verdeutlicht, wie tiefgreifend die Anpassungen in den Personalplanungen inzwischen ausfallen.

Im November fiel das Beschäftigungsbarometer des ifo-Instituts auf 93,4 Punkte – ein Wert, der zuletzt im Sommer 2020 während der Hochphase der Corona-Pandemie verzeichnet wurde. Dies markiert den sechsten Rückgang in Folge und deutet darauf hin, dass Unternehmen nicht nur zurückhaltend bei Neueinstellungen sind, sondern vermehrt über Stellenabbau nachdenken. Besonders betroffen ist die Industrie, die mit einer Mischung aus Kurzarbeit und Arbeitsplatzabbau auf die Krise reagiert.

Industrie in der Krise: Kurzarbeit auf dem Vormarsch

Ein zentraler Bestandteil der Krisenbewältigung bleibt für viele Unternehmen die Kurzarbeit. Im November setzten 17,8 % der Industriebetriebe auf dieses Instrument, verglichen mit 14,3 % im August. Der Blick in die nahe Zukunft zeigt noch alarmierendere Zahlen: Für die kommenden drei Monate planen 28 % der Unternehmen den Einsatz von Kurzarbeit – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den 23 % aus dem Sommer.

Die stärkste Nutzung von Kurzarbeit zeigt sich in der Metallerzeugung, wo 41,7 % der Betriebe darauf zurückgreifen. Auch die Möbelindustrie (33,7 %), die Automobilbranche (27,2 %), Hersteller elektrischer Ausrüstungen (26,9 %) sowie der Maschinenbau (21,4 %) melden überdurchschnittlich hohe Werte. Im Gegensatz dazu bleibt die Chemiebranche nahezu unberührt von diesem Trend.

Vergleich zu früheren Krisen: Ein moderater Rückgang

Obwohl die Zahlen auf den ersten Blick besorgniserregend erscheinen, ist der Vergleich mit früheren Krisenphasen aufschlussreich. Während der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 nutzten 59 % der Industriebetriebe die Kurzarbeit, um den wirtschaftlichen Stillstand zu überbrücken. Die derzeitigen Werte fallen deutlich moderater aus, was auf eine differenzierte Reaktion der Unternehmen hinweist. Dennoch zeigt die zunehmende Abhängigkeit von Kurzarbeit, wie stark die Unsicherheiten weiterhin die Industrie belasten.

Handel und Dienstleistungen: Vorsicht statt Wachstum

Der Einzelhandel präsentiert sich im aktuellen Umfeld durchwachsen. Während der Beschäftigungsindikator in diesem Sektor leicht anstieg, zeigt die allgemeine Stimmung, dass größere Personaloffensiven ausbleiben. Die Unsicherheiten über die Konsumnachfrage halten die Unternehmen davon ab, in großem Stil neue Stellen zu schaffen.

Noch deutlicher wird der Wandel im Dienstleistungssektor. Nach Jahren des stetigen Personalaufbaus orientiert sich die Branche zunehmend an einer konstanten Belegschaft. Neueinstellungen bleiben hier die Ausnahme, da der Fokus vieler Unternehmen auf Kostenkontrolle und Stabilität liegt.

Bauwirtschaft: Eine Insel der Stabilität?

Im Baugewerbe bleibt die Lage vergleichsweise ruhig. Weder nennenswerte Neueinstellungen noch signifikante Stellenstreichungen prägen diesen Bereich. Angesichts der angespannten Auftragslage und der steigenden Baukosten überrascht die Stabilität in der Personalplanung jedoch. Möglicherweise sorgt die langwierige Natur von Bauprojekten für eine gewisse Trägheit, die kurzfristige Änderungen erschwert.

Ältere Arbeitnehmer im Fokus

Parallel zur Krisenbewältigung suchen Unternehmen auch nach Lösungen für den Fachkräftemangel. Eine Schweizer Studie verdeutlicht, dass ältere Arbeitnehmer – trotz ihres Potenzials – in Neueinstellungen weiterhin unterrepräsentiert sind. Obwohl rund 23 % der Erwerbstätigen in der Schweiz über 55 Jahre alt sind, stellen sie lediglich 8 % der Neueingestellten dar. Dies könnte auf eine geringe Wechselbereitschaft in dieser Altersgruppe zurückzuführen sein, jedoch auch auf Vorbehalte seitens der Arbeitgeber.

Die Umfrage zeigt, dass etwa 40 % der Unternehmen offen für die Einstellung älterer Mitarbeitender sind, weitere 38 % halten dies für „eher denkbar“. Dennoch fördern nur 13 % der Unternehmen explizit das Arbeiten über das Rentenalter hinaus. Hier schlummert ein erhebliches ungenutztes Potenzial: Bereits heute machen Personen zwischen 55 und 70 Jahren ein Fünftel des brachliegenden Arbeitskräftepotenzials aus.

Was bleibt vom Arbeitsmarkt 2024?

Die wirtschaftlichen Unsicherheiten und die anhaltende Vorsicht der Unternehmen werfen einen Schatten auf die zukünftige Entwicklung des Arbeitsmarkts. Während Kurzarbeit für viele Betriebe eine kurzfristige Lösung darstellt, bleiben strukturelle Herausforderungen wie der Fachkräftemangel ungelöst. Ältere Arbeitnehmer könnten eine wichtige Rolle spielen, doch dazu bedarf es eines Kulturwandels in den Personalstrategien der Unternehmen.

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