Frauenquote: Anteil der Frauen in Aufsichtsräten haben sich innerhalb von 10 Jahren verdoppelt
Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Führungspositionengesetzes zieht die Organisation Frauen in die Aufsichtsräte (Fidar) eine positive Bilanz. Seitdem ist der Frauenanteil in den Kontrollgremien der größten deutschen Unternehmen erheblich gestiegen. In der Privatwirtschaft liegt der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder inzwischen bei 37,5 Prozent – fast doppelt so viel wie 2015, als der Wert noch bei 19,9 Prozent lag. Noch etwas höher ist der Frauenanteil mit 38,9 Prozent bei öffentlichen Unternehmen.
Diese Entwicklung ist kein Zufall: Seit 1. Januar 2016 verpflichtet das Gesetz börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen dazu, bei Neubesetzungen von Aufsichtsratsmandaten eine 30-Prozent-Quote für Frauen einzuhalten. Ziel war es, den anhaltenden Stillstand bei der Gleichstellung in Führungsetagen aufzubrechen. Fidar-Präsidentin Anja Seng betont, dass ohne diesen gesetzlichen Druck in den Jahren zuvor kaum Bewegung zu verzeichnen war.
Nicht nur die Aufsichtsräte, auch die Vorstände großer Unternehmen sind diverser geworden. Besonders in börsennotierten Firmen ist der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder in den vergangenen zehn Jahren von mageren fünf Prozent auf nun 20,2 Prozent gestiegen. Öffentliche Unternehmen stehen in dieser Hinsicht sogar besser da – hier beträgt der Anteil mittlerweile 31 Prozent. Diese Zahlen stammen aus dem regelmäßig erhobenen Woman-on-Board-Index, der 160 Unternehmen aus DAX, MDAX und SDAX sowie weitere paritätisch mitbestimmte Firmen untersucht.
Ein weiterer Antrieb war das zweite Führungspositionengesetz, das seit August 2022 greift. Es schreibt unter anderem vor, dass in Unternehmen mit mehr als drei Vorständen bei Neubesetzungen mindestens ein Mann und eine Frau vertreten sein müssen. Diese Vorgabe gilt aktuell für 61 private Unternehmen und 43 Bundesbeteiligungen.
Politischer Wille als Triebfeder
Die geschäftsführende Bundesfrauenministerin Lisa Paus bewertet die Wirkung der Gesetzgebung als klaren Erfolg: „Die Frauenquote hat maßgeblich dazu beigetragen, die Repräsentanz von Frauen in Spitzenpositionen zu verbessern.“ Doch der Weg zur vollständigen Gleichberechtigung sei noch nicht abgeschlossen, warnen sowohl die Politik als auch Fidar.
Vor allem die geringe Reichweite der bestehenden Regeln sorgt für Kritik. Von den mehr als 179 untersuchten Unternehmen unterliegen lediglich 100 der verbindlichen Aufsichtsratsquote. Die Vorgaben für Vorstände betreffen sogar noch weniger Organisationen. Fidar fordert daher eine Ausweitung der Quotenregelung auf alle börsennotierten Unternehmen sowie solche mit mehr als 500 Beschäftigten. Nur so könne sichergestellt werden, dass strukturelle Gleichstellung nicht nur ein temporärer Effekt bleibt, sondern zur unternehmerischen Normalität wird
Auch an den Hochschulen zeigt sich eine langsame, aber positive Veränderung. Wie das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in seiner aktuellen Auswertung zeigt, hat sich der Anteil weiblicher Leitungen an staatlichen Hochschulen zwischen 2021 und 2024 von 25 auf 35 Prozent erhöht. Universitäten weisen hierbei eine etwas stärkere weibliche Präsenz auf als Fachhochschulen.
Doch trotz dieser Fortschritte bleiben andere Gruppen massiv unterrepräsentiert: Nur neun von 174 analysierten Hochschulleitungen stammen aus dem Ausland – ein ernüchternder Wert angesichts einer zunehmend internationalen Bildungslandschaft. Ostdeutsche Herkunft ist ebenfalls selten in Führungspositionen vertreten. Erst seit 2024 werden zwölf staatliche Hochschulen von Personen aus den neuen Bundesländern (ohne Berlin) geleitet – 2018 lag diese Zahl noch bei null.
Der demografische Wandel zeigt sich zudem in einem leicht sinkenden Altersdurchschnitt der Hochschulleitungen, der nun bei 58 Jahren liegt. Etwa 60 Prozent der aktuellen Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber traten ihre Positionen seit 2020 an – ein Zeichen für Erneuerung, aber auch für das Potenzial weiterer struktureller Anpassungen.
Weibliche Präsenz am Altar: Von der Ausnahme zur Selbstverständlichkeit
Abseits der wirtschaftlichen und akademischen Sphären zeigt sich auch in religiösen Institutionen ein Wandel. In vielen katholischen Gemeinden – etwa in Vorarlberg – sind Ministrantinnen längst nicht mehr wegzudenken. Rund 56,5 Prozent der Ministrierenden sind dort heute Mädchen. Ein solcher Anteil wäre vor wenigen Jahrzehnten noch undenkbar gewesen.
Der Weg zur Anerkennung war jedoch steinig: Erst ab 1983 existierte keine kirchenrechtliche Vorschrift mehr, die den Dienst von Mädchen am Altar untersagte. In Vorarlberg wurden Mädchen bereits ab 1978 zugelassen – allerdings nur mit Sondergenehmigung des Bischofs. Heute wird ihr Beitrag zum liturgischen Dienst als unverzichtbar angesehen, selbst in kleinen Gemeinden wie Blons oder Warth.
Besondere Modelle wie in Batschuns, wo zwischen „Ministranten“ und „Maxistranten“ unterschieden wird, zeigen die Vielfalt innerhalb der Gemeinschaft. Dort engagieren sich auch Erwachsene wie Robert Lins weiterhin aktiv – ein Beleg dafür, dass Gleichstellung am Altar nicht nur eine Frage des Geschlechts, sondern auch der generationsübergreifenden Teilhabe ist.
Ob in der Wirtschaft, an Hochschulen oder im kirchlichen Raum – der gesellschaftliche Wandel hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit ist sichtbar, wenn auch ungleichmäßig. Gesetzliche Quoten und politische Maßnahmen haben sich als effektive Hebel erwiesen, um lange bestehende Ungleichgewichte zu durchbrechen. Die Zahlen belegen dies eindrucksvoll, insbesondere im Unternehmenssektor.
Gleichzeitig zeigen Beispiele aus der Wissenschaft und der Kirche, dass tief verankerte Strukturen nicht allein durch Quoten verändert werden können. Es braucht kontinuierliche Beobachtung, aktives Handeln und eine Erweiterung der Maßnahmen auf bislang ausgeschlossene Gruppen – etwa Menschen mit Migrationshintergrund oder aus strukturschwachen Regionen.