Fast 40 Prozent der neuen Arbeitsverträge nach wie vor befristet
Nach aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit waren Ende 2023 rund 38 Prozent der neu eingestellten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten zunächst mit einem befristeten Arbeitsvertrag angestellt. Insbesondere in wirtschaftlich unsicheren Zeiten birgt diese Vertragsform Herausforderungen und Chancen gleichermaßen – vor allem für junge Berufseinsteiger. Aber wann ist eine Befristung rechtlich zulässig? Welche Unterschiede gibt es bei befristeten Verträgen? Und wie lässt sich die Chance auf eine Entfristung erhöhen?
Befristete Arbeitsverhältnisse sind für viele Unternehmen ein flexibles Mittel zur Personalplanung. Die hohe Anzahl befristeter Arbeitsverträge lässt sich zum Teil durch die wirtschaftlichen Unsicherheiten der vergangenen Jahre erklären. Die Hans-Böckler-Stiftung zeigte Ende 2023 auf, dass insbesondere junge Menschen häufiger befristet eingestellt werden. Während bei Berufseinsteigern unter 25 Jahren fast die Hälfte der Arbeitsverträge befristet ist, betrifft dies in der Altersgruppe von 25 bis 54 Jahren etwa 35 Prozent, bei Arbeitnehmern über 55 Jahre liegt der Anteil nur bei einem Drittel.
Befristete Verträge: Mit und ohne Sachgrund
Befristungen können grundsätzlich in zwei Kategorien unterteilt werden: Befristungen mit und ohne sachlichen Grund. Bei einer Befristung mit Sachgrund kann das Arbeitsverhältnis mehrmals verlängert werden, ohne eine festgelegte Obergrenze. Gängige Gründe sind Vertretungen, etwa bei Elternzeit oder längeren Krankheitsausfällen. Auch projektbezogene Tätigkeiten können als Sachgrund für befristete Verträge dienen. Trotzdem setzt die Rechtsprechung einem Missbrauch von sogenannten „Kettenverträgen“ klare Grenzen. Wenn Arbeitgeber befristete Verträge zu oft und ohne triftige Gründe verlängern, kann ein Arbeitnehmer rechtlich gegen diesen Missbrauch vorgehen.
Befristete Verträge ohne Sachgrund hingegen dürfen nur für maximal zwei Jahre ausgestellt werden und innerhalb dieses Zeitraums bis zu dreimal verlängert werden. Eine sachgrundlose Befristung ist zudem nur möglich, wenn vorher kein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestanden hat. Ausnahmen gibt es nur, wenn das frühere Arbeitsverhältnis sehr lange zurückliegt oder sich deutlich vom aktuellen unterscheidet, beispielsweise in Art und Dauer.
Zweckbefristung: Das Arbeitsverhältnis mit unbestimmtem Ende
Eine besondere Form der Befristung ist die sogenannte Zweckbefristung. Hier endet der Vertrag nicht zu einem festen Datum, sondern sobald ein bestimmter Zweck erreicht ist, etwa die Rückkehr eines erkrankten Kollegen. Der genaue Endzeitpunkt ist bei Vertragsabschluss oft unklar. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer mindestens zwei Wochen vor dem Ende schriftlich darüber zu informieren, dass die Zweckbefristung endet.
Die rechtliche Seite: Kündigung und Entfristung
Grundsätzlich endet ein befristetes Arbeitsverhältnis mit Ablauf der vereinbarten Frist, ohne dass eine Kündigung nötig ist. Nur wenn eine Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich im Vertrag vorgesehen ist, können befristete Verträge vorzeitig beendet werden. Ansonsten bleibt nur die Option eines Aufhebungsvertrags, sofern beide Seiten zustimmen.
Wenn ein befristeter Vertrag unrechtmäßig abgeschlossen wurde, etwa ohne einen sachlichen Grund und ohne die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen, haben Arbeitnehmer das Recht, auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu klagen. Diese Klage muss allerdings innerhalb von drei Wochen nach Vertragsende eingereicht werden. Ein erfolgreiches Klageverfahren kann dazu führen, dass der befristete Vertrag in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt wird.
Branchen und Regionen mit hoher Befristungsquote
Ein Blick auf die Verteilung befristeter Arbeitsverträge zeigt, dass nicht alle Branchen und Regionen gleichermaßen betroffen sind. Besonders häufig sind Befristungen in der Kultur- und Wissenschaftsbranche: In diesen Sektoren beträgt der Anteil befristeter Beschäftigungen rund 90 Prozent. Demgegenüber weisen Berufe im Bauwesen und im medizinischen Bereich deutlich geringere Befristungsquoten auf – nur etwa 12 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse sind dort befristet.
Regionale Unterschiede sind ebenfalls signifikant. Städte mit stark spezialisierten Arbeitsmärkten, wie Heidelberg (Universitätsstadt mit einem großen Kliniksektor), Köln (Medien- und Werbewirtschaft) und Potsdam (Filmindustrie), haben die höchsten Anteile an befristeten Neueinstellungen. Im Gegensatz dazu sind Befristungen in kleineren, ländlicheren Gebieten wie Tirschenreuth und Neustadt an der Weinstraße seltener, was auf eine geringere Flexibilitätsanforderung bei der Personalplanung in diesen Regionen zurückzuführen sein könnte.
Chancen auf Entfristung: Strategien für Arbeitnehmer
In befristeten Arbeitsverhältnissen stellt sich vielen Arbeitnehmern die Frage, wie sie ihre Chancen auf eine Entfristung steigern können. Die folgenden Strategien haben sich dabei als hilfreich erwiesen:
- Engagement und Leistungsbereitschaft: Arbeitgeber schätzen Mitarbeiter, die sich über ihre vertraglichen Pflichten hinaus engagieren und gute Arbeit leisten. Wer konstant seine Leistungsbereitschaft unter Beweis stellt, signalisiert dem Unternehmen, dass er für eine langfristige Zusammenarbeit in Frage kommt.
- Weiterbildung und Zusatzqualifikationen: Durch gezielte Weiterbildungen und den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen können Arbeitnehmer ihr Profil schärfen und so ihren Wert für das Unternehmen steigern. Gerade in Fachbereichen, in denen spezifische Kenntnisse gefragt sind, kann dies ein entscheidender Vorteil sein.
- Netzwerken und Teamarbeit: Eine gute Zusammenarbeit mit Kollegen und Vorgesetzten sowie ein starkes internes Netzwerk können die Chancen auf eine Entfristung erhöhen. Positive Rückmeldungen von Kollegen und Vorgesetzten wirken sich oft positiv auf die Entscheidung zur Vertragsverlängerung aus.
- Offenes Gespräch mit dem Arbeitgeber: Arbeitnehmer sollten das Gespräch mit ihren Vorgesetzten suchen und ihre Bereitschaft zu einer langfristigen Beschäftigung signalisieren. Klare Kommunikation über die eigenen Ziele und Erwartungen kann die Grundlage für eine Entfristung schaffen.
Obwohl befristete Verträge Unsicherheit bedeuten, können sie auch eine Chance für Arbeitnehmer sein, sich zu beweisen und im Unternehmen Fuß zu fassen. Für Arbeitgeber stellen befristete Arbeitsverhältnisse eine flexible Möglichkeit dar, auf Veränderungen und saisonale Schwankungen zu reagieren. Arbeitnehmer können jedoch durch Engagement, Weiterbildung und proaktive Kommunikation ihre Chancen auf eine Entfristung steigern.