Deutschland verzeichnet wieder mehr Baugenehmigungen

Nach Monaten des Stillstands zeigt sich in der deutschen Bauwirtschaft ein vorsichtiger Aufwärtstrend. Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen ist spürbar gestiegen – ein Hoffnungsschimmer in einem Sektor, der zuletzt stark unter Zinsanstieg, Materialkosten und Bürokratie gelitten hat. Doch trotz positiver Signale bleibt der Weg zu mehr bezahlbarem Wohnraum steinig.

Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurden im August 2025 insgesamt 19.300 Wohnungen genehmigt – ein Plus von 5,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Auch im Juli war bereits ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Zwischen Januar und August summierte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen auf 151.200 – das sind 6,5 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2024. In absoluten Zahlen bedeutet das rund 9.300 zusätzliche Bauvorhaben.

Besonders dynamisch entwickelte sich der Markt für Einfamilienhäuser. Hier verzeichneten die Behörden 29.300 Genehmigungen, was einem Zuwachs von 15,5 Prozent entspricht. Damit scheint das Interesse am Eigenheim wieder spürbar zu steigen – nach einer Phase, in der hohe Zinsen und Baukosten viele Bauherren abgeschreckt hatten. Auch bei Mehrfamilienhäusern, die weiterhin den größten Anteil ausmachen, ging es mit einem Plus von 4,9 Prozent auf 79.100 neue Wohnungen nach oben. Lediglich bei Zweifamilienhäusern zeigte sich ein Rückgang von rund fünf Prozent.

„Der Tiefpunkt ist überwunden“

Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, wertet die Entwicklung als Zeichen einer beginnenden Erholung. „Der Tiefpunkt der Wohnungsbaukrise liegt nun eindeutig hinter uns“, so Dullien. Er rechne damit, dass die Bauwirtschaft im kommenden Jahr wieder zu einer wichtigen Stütze der Konjunktur werde. Die steigende Zahl an Genehmigungen dürfte sich – mit gewisser Verzögerung – auch in neuen Aufträgen und einer höheren Bautätigkeit niederschlagen.

Allerdings warnt Dullien zugleich vor überzogenen Erwartungen. Für eine tatsächliche Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sei die Bautätigkeit nach wie vor zu gering. Selbst bei weiterem Wachstum dürften im Gesamtjahr 2025 weniger als 250.000 Wohnungen neu genehmigt werden – gebraucht würden aber rund 320.000 jährlich, um den Bedarf zu decken.

Krise mit langem Schatten

Die aktuelle Erholung kommt nach einer schwierigen Phase. Im Jahr 2024 wurden bundesweit nur 251.900 Wohnungen fertiggestellt – der niedrigste Wert seit 2015. Vor allem der abrupte Zinsanstieg, stark gestiegene Materialpreise und eine Vielzahl von Bauvorschriften hatten viele Projekte zum Stillstand gebracht. Der Rückgang der Neubauten führte in vielen Städten zu weiter steigenden Mieten und verschärfte den Wohnungsmangel.

Insbesondere in Ballungsräumen bleibt bezahlbarer Wohnraum Mangelware. Die Zielmarke der Bundesregierung von jährlich 400.000 neuen Wohnungen wurde bislang deutlich verfehlt. Um gegenzusteuern, will die Ampelkoalition nun mit einem sogenannten „Bau-Turbo“ die Verfahren beschleunigen. Geplant sind unter anderem Änderungen im Baugesetzbuch, die Kommunen bis Ende 2030 mehr Spielraum geben sollen – etwa bei Nachverdichtungen, Aufstockungen und Abweichungen von bestehenden Bebauungsplänen.

Hoffnung schöpft die Branche auch aus den geplanten staatlichen Investitionen. Mittel aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz könnten der Bauwirtschaft neue Impulse geben. Öffentliche Bauaufträge sowie energetische Sanierungsprogramme sollen die Nachfrage ankurbeln und Kapazitäten sichern.

Gleichzeitig drängen Verbände auf weitergehende Reformen. Der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, mahnte jüngst, dass der Mehrfamilienhausbau noch immer um 36 Prozent unter dem Niveau von 2021 liege. Neben der Förderung brauche es daher vor allem den Abbau von Bürokratie und streng regulierten Bauvorschriften, die Projekte verzögern oder verteuern.

FDP fordert radikale Vereinfachung

Aus der Politik kommen inzwischen auch deutlich lautere Forderungen nach grundlegenden Strukturreformen. Die FDP im Düsseldorfer Landtag etwa sieht in der jüngst erweiterten Mietpreisbremse ein „Investitionshemmnis“ und fordert stattdessen eine „echte Bauwende“. Regulierung löse keinen Mangel, sondern verschärfe ihn, so die baupolitische Sprecherin Angela Freimuth.

Ihr Vorschlag: eine automatische Genehmigung („Genehmigungsfiktion“), wenn Bauämter über Anträge zu lange entscheiden. Außerdem fordert die FDP eine Vereinfachung der Bauordnung, digitale Verfahren und eine Senkung der Grunderwerbsteuer auf 3,5 Prozent. Diese Maßnahmen könnten den Erwerb von Wohneigentum erleichtern und Bauprojekte beschleunigen.

Hohe Kosten bleiben Hauptproblem

Trotz steigender Genehmigungszahlen kämpfen viele Bauunternehmen mit enormen Kosten. Bernhard Baumann, Hauptgeschäftsführer der Bauverbände NRW, nennt als größte Hemmnisse die teuren Grundstücke, hohen Kaufnebenkosten und anhaltend hohen Materialpreise. Auch die Grunderwerbsteuer sei mit 6,5 Prozent in Nordrhein-Westfalen eine der höchsten bundesweit und verteuere den Erwerb zusätzlich.

Dazu kommen Belastungen durch steigende Energiepreise, höhere Tarifabschlüsse und verschärfte Umweltauflagen. Die Kombination aus hohen Finanzierungskosten und regulatorischen Anforderungen lasse viele Investoren weiterhin zögern – insbesondere bei Projekten mit niedrigen Renditen, etwa im sozialen Wohnungsbau.

Trotz aller Herausforderungen lässt sich festhalten: Der Trend zeigt nach oben. Nach langer Stagnation scheint sich der Wohnungsbau langsam zu erholen. Die Genehmigungszahlen geben Anlass zu verhaltenem Optimismus – auch wenn sie das strukturelle Defizit am Wohnungsmarkt vorerst nicht lösen können.

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