Deutsche Unternehmen in der Krise: Existenzängste und steigende Insolvenzzahlen
Die wirtschaftliche Lage deutscher Unternehmen verschlechtert sich weiter. Laut einer aktuellen Umfrage des Münchner Ifo-Instituts nimmt die Zahl der Betriebe, die um ihre Existenz fürchten, kontinuierlich zu. Gestiegene Kosten, Kaufzurückhaltung und internationaler Wettbewerbsdruck verstärken die Unsicherheit. Gleichzeitig erreicht die Zahl der Insolvenzen neue Höhen, was Experten zufolge auch in den kommenden Monaten anhalten dürfte.
Mehr Betriebe sehen ihre Existenz bedroht
Die Ergebnisse der Ifo-Umfrage aus Oktober 2024 zeigen, dass 7,3 Prozent der befragten Unternehmen ihre wirtschaftliche Existenz als akut gefährdet betrachten. Dies entspricht einem Anstieg um 0,5 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Besonders stark betroffen sind die Industrie sowie der Einzelhandel. Während im verarbeitenden Gewerbe 8,6 Prozent der Betriebe von ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten berichten, sehen sich im Einzelhandel sogar 13,8 Prozent in ihrer Existenz bedroht – ein deutlicher Anstieg gegenüber den 10,3 Prozent im Vorjahr.
Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen, interpretiert diese Entwicklung als besorgniserregend: „Der kontinuierliche Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen dürfte sich fortsetzen. Vor allem der Auftragsmangel und der wachsende internationale Wettbewerbsdruck machen vielen Firmen schwer zu schaffen.“
Ursachen der Existenzängste: Ein Mix aus Problemen
Die Befragten nannten mehrere Gründe für ihre Sorgen, die sich branchenübergreifend ähneln. Vor allem fehlende Aufträge setzen die Unternehmen unter Druck und führen häufig zu Liquiditätsengpässen. Parallel dazu treiben gestiegene Betriebs- und Personalkosten die Ausgaben in die Höhe, während die anhaltende Kaufzurückhaltung die Einnahmen schmälert.
Zusätzlich sorgt die zunehmende Bürokratie für höhere Kosten und erschwert effiziente Abläufe. Besonders belastend ist jedoch die Kombination aus hohen Energiekosten und wachsender Konkurrenz aus dem Ausland. Viele Unternehmen können in diesem Umfeld nur schwer wettbewerbsfähig bleiben, was die Existenzängste weiter verstärkt.
Unterschiede zwischen den Branchen
Ein Blick auf die einzelnen Branchen offenbart signifikante Unterschiede: Während die Sorgen im Bauhauptgewerbe trotz der Krise im Wohnungsbau etwas nachgelassen haben – der Anteil der gefährdeten Betriebe sank von 8,9 auf 7,9 Prozent – bleibt die Lage in der Industrie und im Einzelhandel angespannt. Auch der Dienstleistungssektor zeigt leichte Entspannungstendenzen: Hier sank der Anteil der Unternehmen mit akuten Existenzsorgen von 6,8 Prozent im Vorjahr auf 5,8 Prozent.
Interessant ist der Vergleich mit früheren Krisenjahren. Während der Corona-Pandemie erreichten die Existenzängste vieler Unternehmen ihren Höhepunkt. Mitte 2020 lag der Anteil der bedrohten Betriebe bei 21,8 Prozent. Heute sind die Werte zwar niedriger, zeigen aber dennoch eine besorgniserregende Tendenz nach oben.
Steigende Insolvenzzahlen: Ein alarmierender Trend
Die zunehmenden Existenzängste spiegeln sich auch in den Insolvenzzahlen wider. Nach Schätzungen des Kreditversicherers Allianz Trade wird die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland im Jahr 2024 um 25 Prozent auf etwa 22.200 Fälle steigen. Dieser Trend unterstreicht die schwierige Lage, in der sich viele Unternehmen befinden. Besonders kleinere Betriebe kämpfen mit der wirtschaftlichen Unsicherheit und den steigenden Kosten.
Auch die Gesamtzahl der Gewerbeaufgaben stieg im Jahr 2024 an. Zwischen Januar und September wurden 356.800 Gewerbe vollständig aufgegeben – ein Anstieg von 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Interessanterweise ging jedoch die Zahl der Schließungen von größeren Unternehmen mit wirtschaftlicher Bedeutung um 1,8 Prozent auf 70.900 zurück. Dies deutet darauf hin, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unter den aktuellen Bedingungen leiden.
Herausforderungen und Perspektiven
Die aktuellen Zahlen werfen ein Schlaglicht auf die wirtschaftlichen Probleme, mit denen deutsche Unternehmen konfrontiert sind. Viele Betriebe stehen vor der schwierigen Aufgabe, ihre Liquidität zu sichern und gleichzeitig den steigenden Kosten sowie dem internationalen Druck standzuhalten. Experten sind sich einig, dass die Politik handeln muss, um die Rahmenbedingungen zu verbessern.
Besonders dringend sei es, die Bürokratie zu reduzieren und Maßnahmen zur Stabilisierung der Energiepreise zu ergreifen. Klaus Wohlrabe vom Ifo-Institut fordert außerdem, den Wettbewerb auf europäischer Ebene zu stärken, um deutschen Unternehmen eine faire Chance im globalen Markt zu bieten.