„Der Trend geht zu maximaler Individualität“ – Immobilienexperte Marcus Wellhöner über begehrte Ausstattungen und Ladenhüter auf dem Markt

Immer mehr Wünsche, immer weniger Kompromisse. Ob Pool im Garten, Fitnessraum im Keller oder Dachterrasse mit Outdoor-Küche: die Anforderungen an Wohnimmobilien haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Käufer und Bauherren streben nach Individualität und maximaler Lebensqualität und stellen den Markt damit vor neue Herausforderungen. Marcus Wellhöner, Immobilienexperte und langjähriger Marktkenner, beobachtet diese Entwicklungen täglich. Als Geschäftsführer und Gesellschafter der Wellhöner Gruppe, mit Dienstleistungen in den Bereichen Services, Consulting und Immobilien, berät er Eigentümer und Mieter zu den aktuellen Marktentwicklungen, mit mehr als 25 Jahren Erfahrung im Immobilien- und Interimsmanagement.

Willkommen, Marcus Wellhöner!

Herr Wellhöner, wer heutzutage überlegt, eine Immobilie zu kaufen oder zu bauen, scheint eine immer längere Wunschliste zu haben. Gibt es überhaupt noch Standardwünsche, oder hat sich der Markt hier radikal individualisiert?

Marcus Wellhöner: Das ist in der Tat eine spannende Entwicklung. Früher war ein Haus mit Garage, Garten und vielleicht einer Einbauküche für viele schon der Inbegriff von gehobener Wohnqualität. Heute sehen wir jedoch, dass der Anspruch an Individualität deutlich gestiegen ist. Der Trend geht nicht mehr nur zum klassischen Einfamilienhaus mit Terrasse und Rasenfläche, sondern zu höchst individuellen Wohnkonzepten, die auf die persönlichen Lebensstile und Freizeitgewohnheiten der Eigentümer zugeschnitten sind.

Ein Pool im Garten ist dabei fast schon ein Klassiker geworden, der vor allem seit der Pandemiezeit immens an Beliebtheit gewonnen hat. Menschen haben erkannt, wie wertvoll die private Rückzugs- und Erholungsmöglichkeit direkt am Haus ist, wenn Reisen nicht oder nur eingeschränkt möglich sind. Besonders gefragt sind hierbei hochwertige Outdoor-Pools mit Überdachung oder zumindest Teilüberdachung, oft kombiniert mit einer Gegenstromanlage oder Massagedüsen. Viele Käufer wollen nicht einfach nur einen Swimmingpool, sondern eine kleine Wellness-Oase auf dem eigenen Grundstück.

Dachterrassen sind ebenso ein großes Thema, insbesondere in städtischen Lagen, wo Grundstücksfläche knapp ist. Hier spielt der Außenbereich auf dem Dach eine entscheidende Rolle für die Lebensqualität. Wir sehen in der Gestaltung eine klare Tendenz zu großzügigen, loungeartigen Dachterrassen mit Outdoor-Küchen, wetterfesten Loungemöbeln, fest installierten Heizstrahlern und hochwertigen Holz- oder Keramikbelägen. Auch begrünte Dachflächen werden vermehrt nachgefragt, sowohl aus ästhetischen als auch aus ökologischen Gründen. Das Bewusstsein für nachhaltige Architektur ist in den letzten Jahren stark gewachsen.

Neben Pool und Dachterrasse hört man oft vom klassischen Partykeller. Ist der noch gefragt oder eher ein Relikt vergangener Jahrzehnte?

Marcus Wellhöner: Das hängt stark von der Region und der Käufergeneration ab. Der klassische Partykeller mit rustikaler Theke, Kachelofenoptik und Holzvertäfelung, wie er in den 70er- und 80er-Jahren beliebt war, wird heute kaum noch nachgefragt. Im Gegenteil: Viele junge Käufer empfinden solche Kellerräume als unzeitgemäß und investieren hohe Summen, um sie zu entkernen und neu zu gestalten. Allerdings erlebt das Konzept eines multifunktionalen, hochwertig ausgebauten Untergeschosses gerade eine Renaissance – nur eben in einer völlig anderen Form.

Heute wünscht man sich keinen Partykeller, sondern einen Wellnessbereich mit Sauna, Ruhezone, Fitnessraum und teilweise auch mit Heimkino. Andere Käufer wiederum planen einen professionell ausgestatteten Musikraum oder ein akustisch isoliertes Tonstudio im Keller, wenn sie beispielsweise selbständig im Musik- oder Podcast-Bereich arbeiten. Der Keller wird somit nicht mehr als Partyzone gesehen, sondern als erweiterter Lebensraum mit klarer Funktionalität und hohem ästhetischen Anspruch. Betonoptik, dezente Lichtsysteme, Fußbodenheizung und gute Belüftung sind hier Standardanforderungen.

Wie sieht es insgesamt auf dem Markt aus? Werden diese Sonderwünsche durch das Angebot gedeckt, oder ist die Nachfrage deutlich größer als das vorhandene Angebot?

Marcus Wellhöner: Das Angebot hinkt in vielen Bereichen hinterher, vor allem wenn es um Bestandsimmobilien geht. Neubauten können diese Wünsche natürlich besser bedienen, weil sie direkt nach individuellen Vorgaben geplant werden können, wobei auch hier Baukosten und Grundstücksgrößen limitierende Faktoren sind. Besonders bei Dachterrassen sehen wir in gewachsenen Innenstadtlagen einen deutlichen Mangel, weil Altbauten häufig nicht über die Statik verfügen, um Dachterrassen nachzurüsten, oder es planungsrechtliche Hürden gibt.

Beim Thema Pool ist es etwas differenzierter. Grundstücke in Neubaugebieten sind häufig klein parzelliert, sodass der Platz für einen großzügigen Pool nicht immer gegeben ist. Dennoch finden sich auch hier Lösungen, beispielsweise kompaktere Pools mit Gegenstromanlage statt eines großen Schwimmbeckens, um den sportlichen Mehrwert trotz geringerer Maße zu gewährleisten.

Allgemein lässt sich sagen: Die Nachfrage nach individualisierten Wohn- und Freizeitflächen steigt weiterhin. Wer als Verkäufer über Immobilien mit diesen Ausstattungsmerkmalen verfügt, kann dadurch einen erheblichen Mehrwert generieren. Gerade in den oberen Preissegmenten sind Pools, Dachterrassen oder Saunen längst keine Extras mehr, sondern werden teilweise als selbstverständliche Elemente erwartet.

Wenn Sie sagen, dass Dachterrassen und Pools zu Standards im oberen Segment werden – gibt es im Gegenzug Immobilien oder Ausstattungen, die heute nahezu unverkäuflich sind?

Marcus Wellhöner: Ja, absolut. Besonders Immobilien mit sehr kleinen Räumen, schlechter Belichtung und unflexiblen Grundrissen tun sich auf dem Markt zunehmend schwer. Der Trend geht eindeutig zu offenen, großzügigen Raumkonzepten mit fließenden Übergängen zwischen Kochen, Essen und Wohnen. Geschlossene Küchen oder verwinkelte Flure wirken abschreckend auf viele Käufer, die eine offene, kommunikative Wohnatmosphäre wünschen. Ebenso problematisch sind schlecht gedämmte Altbauten ohne energetische Sanierung, weil hier die Kostenrisiken für Modernisierungen als unkalkulierbar wahrgenommen werden.

Darüber hinaus sind Häuser ohne jegliche Außenfläche oder Wohnungen ohne Balkon beziehungsweise Terrasse nur noch sehr schwer zu vermitteln, es sei denn, sie befinden sich in absoluter Toplage und sprechen Klientel an, die unter allen Umständen diese Adresse wollen. Gerade während der Pandemie hat sich das Bedürfnis nach einem privaten Außenbereich derart gefestigt, dass dies heute fast schon ein Ausschlusskriterium ist.

Sehen Sie bei diesen Trends einen Wandel, oder wird sich die Nachfrage nach Individualisierung weiter verschärfen?

Marcus Wellhöner: Ich gehe stark davon aus, dass sich dieser Trend weiter verstärken wird. Wir erleben eine Gesellschaft, die sich zunehmend durch Individualität definiert. Das spiegelt sich selbstverständlich auch im Wohnen wider. Die Immobilie wird als Ausdruck der Persönlichkeit und des eigenen Lebensstils gesehen, nicht mehr nur als reine Funktionseinheit. Gerade im hochpreisigen Segment sind Pools, Dachterrassen, Outdoor-Küchen, Wellnessbereiche, Fitnessräume oder Smart-Home-Integrationen längst etablierte Anforderungen und keine Sonderwünsche mehr.

Der Markt wird sich entsprechend anpassen müssen. Bauherren und Entwickler tun gut daran, frühzeitig Konzepte zu planen, die modular individualisierbar sind, um unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. Denn letztlich ist der Wohnraum nicht nur ein Rückzugsort, sondern auch Teil des sozialen Status und der eigenen Lebensphilosophie.

Herr Wellhöner, vielen Dank für Ihre Einblicke.

Weitere Informationen zu Marcus Wellhöner