Der stille Reformer – Wie Karsten Wildberger MediaMarkt und Saturn transformiert

Karsten Wildberger ist kein Mann lauter Töne. Wer ihm begegnet, erlebt einen technologiebegeisterten Strategen, der seine Vision mit analytischem Feingefühl verfolgt. Mit ruhiger Hand und klarem Fokus hat er dem lange kriselnden Elektronikhändler MediaMarktSaturn eine neue Richtung gegeben – und dabei das Image zweier Traditionsmarken aufgefrischt.

Ein Gesundheitsring am Finger, eine Smartwatch am Handgelenk – Karsten Wildberger lebt, was er denkt: „Ich liebe Technologie“, erklärt er im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Ich beschäftige mich sehr viel damit.“ Ob Hardware oder Algorithmen – er kennt beides nicht nur oberflächlich. Dieses Interesse treibt seine Arbeit, etwa bei der Kooperation mit Uber, die seit über einem Jahr Expresslieferungen binnen 90 Minuten ermöglicht. Sogar am Weihnachtsabend verzeichnete das Unternehmen zahlreiche Last-Minute-Bestellungen – „Ich habe das selbst getestet, mit einem Staubsauger. Ich wohne ländlich, 14 Minuten vom nächsten Markt entfernt. Aber das klappt 1a“, berichtet Karsten Wildberger.

Vom Sorgenkind zum soliden Konzern

Die CECONOMY AG, Muttergesellschaft von MediaMarkt und Saturn, zählt mit über 1.000 Standorten und einem Jahresumsatz von 22,4 Milliarden Euro zu den größten Playern im europäischen Elektronikhandel. Nach Jahren interner Querelen, häufigen Führungswechseln und verpassten Wachstumschancen gelang Karsten Wildberger seit seinem Antritt im Sommer 2021 ein spürbarer Turnaround. Der digitale Anteil am Umsatz liegt inzwischen bei rund 25 Prozent – und mit Premium-Laptops, Haushaltsgeräten und Smartphones trifft das Unternehmen zunehmend den Nerv der Zeit, besonders im Kontext KI-gestützter Anwendungen.

Für das laufende Geschäftsjahr erwartet das Management „anhaltendes Wachstum“ in den wichtigsten Produktkategorien. Nachdem die Dividende lange ausgesetzt war, stellte Karsten Wildberger nun auf der Hauptversammlung eine künftige Ausschüttungsquote von 10 bis 25 Prozent des Ergebnisses je Aktie in Aussicht – eine symbolische wie auch wirtschaftliche Rückkehr zur Stabilität.

Ein Unternehmen mit Identität

Karsten Wildberger spricht mit bemerkenswerter Wärme über den Konzern, den er leitet. „Das Unternehmen hat eine Seele, allein dafür lohnt es sich, zu kämpfen“, sagt er. Diese emotionale Bindung rührt nicht nur von seinen Kindheitserinnerungen an MediaMarkt, sondern auch vom Respekt vor den rund 50.000 Mitarbeitenden und dem Markenwert, den die Unternehmen über Jahrzehnte aufgebaut haben.

Doch seine Herangehensweise ist nicht nostalgisch, sondern zukunftsgewandt. Mit einem klaren Zielbild reformiert Karsten Wildberger die Unternehmensstruktur – sowohl physisch durch neue Ladenformate als auch strategisch über zusätzliche Dienstleistungen wie Reparaturen und Beratungsangebote. Gleichzeitig verfolgt er eine ambitionierte Plattformstrategie, die Drittanbietern eine Verkaufsfläche auf der eigenen digitalen Infrastruktur eröffnet.

Sparen mit System

Ein elementarer Teil der Neuausrichtung war das Effizienzprogramm „Drive“. Es brachte Einsparungen von jährlich 130 Millionen Euro, vor allem durch die Reduktion administrativer Kosten. Der Fokus verschiebt sich nun auf operative Bereiche wie IT, Logistik und Marketing – auch hier sollen mittlere zweistellige Millionenbeträge optimiert werden.

Karsten Wildberger versteht Unternehmensführung als Balanceakt zwischen Tagesgeschäft und langfristiger Vision. „Ich habe die Fähigkeit, eine Mannschaft hinter einer Strategie und einem Ziel zu versammeln, sich darauf einzuschwören und dann gemeinsam alles daran zu setzen, das umzusetzen“, beschreibt er seinen Stil. Lautstärke ist dabei nicht sein Mittel. „Man kann extrem viel Veränderung kraftvoll erreichen, ohne besonders laut zu sein.“

Ein international geprägter Weg

Der heute 55-Jährige bringt eine beachtliche internationale Karriere mit: Stationen bei Vodafone, T-Mobile, Telstra in Australien und zuletzt E.ON haben ihn geprägt. In Deutschland vermisst er bisweilen die Bereitschaft zu Veränderung. Der Widerstand gegen Neues und eine wachsende Skepsis in der Gesellschaft sieht er als Herausforderungen, gegen die man aktiv anarbeiten müsse.

Trotz des anspruchsvollen Berufslebens bleibt Karsten Wildberger geerdet. Seine Freizeit verbringt er gerne mit Lesen, Schreiben und sportlicher Betätigung – vorzugsweise mit dem Fahrrad.

Deutschland bleibt die Baustelle

Am herausforderndsten zeigt sich derzeit der Heimatmarkt. Trotz gestiegener Marktanteile verzeichnete CECONOMY in Deutschland erneut einen leichten Umsatzrückgang. Karsten Wildberger verweist auf strukturelle Probleme: leere Innenstädte, regulatorische Hürden und starre Sortimentsvorgaben. „Wir wollen Märkte eröffnen und da sein, wo unsere Kunden sind. Oft ist es nicht möglich, einfach und unbürokratisch entsprechende Standorte zu eröffnen.“

Seine Analyse ist nüchtern, sein Optimismus spürbar. Karsten Wildberger hat sich aufgemacht, nicht nur einen Konzern, sondern ein ganzes Marktsegment neu zu denken – konsequent und mit einem klaren Ziel vor Augen.

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